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© Silke Gugenberger-Wachtler

Analytisches Denken und bedingungslose Liebe

Silke Gugenberger-Wachtler in der momentum 3/2023

In der Zeit nach der Diagnose hatte ich schon sehr viel darüber gelesen, was anderen Menschen geholfen hat, wie andere gesund geworden sind. Zusätzlich habe ich nun alle Studien gewälzt, die die Therapieergebnisse
nach dem Rezidiv und die vorgeschlagene Behandlung untersucht haben, und für mich kam heraus: Meine Überlebenschance liegt bei 20 %. Das war mir eindeutig zu wenig, zumal bei den erwarteten Nebenwirkungen. Ich habe schnell den Entschluss gefasst: Ich probiere alles aus, was laut Studien hilfreich ist und keine Nebenwirkungen oder nicht ganz so schlimme Nebenwirkungen hat.

Die erste Hürde

Im Krankenhaus ist man in einem Setting, in dem andere sagen, wo es langgeht. Meine Ärztinnen und Ärzte wollten mit der Hochdosis-Chemo so schnell wie möglich, am besten am nächsten Tag anfangen. Da habe ich gesagt, ich brauche zuerst einmal Zeit für mich, ich fahre in den Urlaub. Und dann habe ich Woche für Woche ausgehandelt, eine Zweitmeinung eingeholt …
Nach fünf Wochen gab es keinen Aufschub mehr, und ich habe mit meiner Ärztin einen Deal gemacht: Ich mache die Chemo, wenn die Untersuchungsergebnisse keine Verbesserung zeigen. Dafür gab es erst recht kein Verständnis, denn was sollte sich geändert haben in diesen fünf Wochen? Aber weil ich in die Behandlung eingewilligt hatte, wurde die Untersuchung gemacht.

Was war passiert? Die Bilder haben deutlich gezeigt, dass der Tumor auf dem Rückzug war. Für mich war das die Bestätigung, dass ich den eingeschlagenen Weg weitergehen kann, auch meine Ärztin hat mich – vorsichtig – dazu ermutigt. Was habe ich getan?
Die drei wichtigsten Punkte im Rückblick:

  • Meine Ernährungsumstellung: pflanzenbasiert und vegan, kein Zucker, nur Vollkorn, viel Rohkost, viele selbst gepresste Säfte, ergänzt mit Vitamin D, Chlorella (60 Presslinge am Tag), Kurkuma und Pfeffer, Leinöl, Vitamin B12.
  • Meine Gefühls- und meine Gedankenwelt bewusst gestalten, es geht um mein Leben. Ich habe meine Überzeugung gestärkt, dass ich gesund bin, und mich mehr und mehr auf die Gesundheit ausgerichtet, anstatt den Krebs zu bekämpfen.
  • Meditation: Hier habe ich erlebt, dass man bedingungslose Liebe lernen kann – es hat mich selbst überrascht.

Die Mitmenschen

Meine Familie hat mich sehr unterstützt, sie haben sofort gesagt: „Wenn du es auf diesem Weg probieren willst, dann mach das.“ Es ist wichtig, dass Menschen um einen herum sind, denen man vertrauen kann. Der Weg geht sich viel leichter, wenn man sich nicht rechtfertigen oder erklären muss. Ich habe in den fünf Wochen – und auch später – viel Zeit allein verbracht, beim Meditieren zum Beispiel.

Wer hat es denn schon einmal geschafft? So lautete eine meiner Rechercheaufgaben, und im Internet bin ich auf Patientinnen und Patienten gestoßen, die von ihrer eigenen ungewöhnlichen Heilung erzählt haben. Einige von ihnen durfte ich kennenlernen und habe festgestellt, dass es ganz normale Menschen sind, erleuchtete Gurus habe ich jedenfalls nicht getroffen. Meine Erkenntnis war ganz klar: Wenn sie gesund geworden sind, kann ich es auch schaffen. Und: Ich bin nicht allein.

Energie, Aufmerksamkeit und Realität

Unsere Welt, unsere Realität kreieren wir durch unsere Gedanken. Es heißt: „Der Glaube versetzt Berge.“ Im Kern finden wir schwingende Materie und Energie, und unsere Gedanken tragen dazu bei, wie und wo sich Materie verdichtet und Realität wird. Ich wollte meine Gesundheit manifestieren und felsenfest davon überzeugt sein, dass ich gesund bin. Also habe ich es mir ständig selbst vorgesagt: „Ich bin gesund“ – beim Autofahren, beim Abwaschen, beim Wäscheaufhängen … Wenn du einen Gedanken 100.000-mal gedacht hast, wird er Realität, habe ich gelesen. Okay, wenn ich es 1.000-mal am Tag sage, brauche ich 100 Tage … Am Anfang ist es schon eine ganz schöne Leier, aber spätestens nach vier Tagen glaubst du es. Und dann kann man es auch anderen Menschen besser rüberbringen. Ich bin überzeugt, dass es funktioniert, und ich habe damit auch meine Ängste in den Griff bekommen.

Kopfkino und Gedankensteuerung

Ich habe angefangen, meine Gedanken zu beobachten. Das Gehirn denkt ständig, es produziert die ganze Zeit Gedanken, und die möchte ich halbwegs bewusst kreieren, wenn unsere Gedanken unsere Realität werden.

Einmal habe ich mich beim Gedanken an „Abschiedsbriefe“ ertappt. „Ertappt“ sage ich, weil es eigentlich für mich der falsche Ansatz ist. Ich habe mir dann bewusst, also absichtlich, vorgestellt, wie es ist, gesund zu sein. In ferner Zukunft.

Ein freudiges Ereignis, das ich mit Gefühlen aufladen kann, wird eher eintreten. Zwei Beispiele: „Mein Mann und ich gehen uralt und runzlig über den Feldweg spazieren, wir sind sehr zufrieden und glücklich, mit 80 oder eher mit 90 Jahren.“ Oder: „Wir gehen gemeinsam zur Abiturfeier von unserem Sohn.“

Die Feier lag damals in weiter Ferne, und der Gedanke daran hat mich mit Stolz erfüllt und gefreut.

Angst, Scham, Schuld

Wichtig ist mir: Auch die Angst, die Befürchtungen sind nichts, wofür ich mich schäme, sie sind nicht schlecht. Sie gehören zu mir, und wenn ich sie anschaue, akzeptiere, dann dürfen sie erst mal da sein, und dann gehen sie meistens auch wieder. Ich schimpfe nicht mit mir, wenn ich mich „ertappe“, sondern ich ersetze diese Gedanken durch etwas Hoffnungsvolles, Positives in der Zukunft. Etwas, das ich mir wünsche.

Angst ist etwas sehr Wichtiges – auch evolutionär. Ohne Angst wären wir alle nicht mehr da, wir wären gar nicht erst geboren worden. Sie warnt uns, und wir tun gut daran, hinzuhören, auch auf unseren Körper zu hören. Mit unserem Bewusstsein können wir aber entscheiden, wie wir auf die Botschaft reagieren.

Krebserkrankung annehmen

Was es mir leicht gemacht hat, die Erkrankung anzunehmen, bei allen bösen Überraschungen und Schockmomenten: Ich habe sehr viel bekommen. Es klingt paradox, aber: Ich war plötzlich im Krankenhaus und konnte liegenbleiben. Ich habe nach einigen Jahren Schlaflosigkeit als junge Mutter endlich wieder einmal durchgeschlafen und ausgeruht. Ich habe ein Buch lesen können. Ich habe Besuch bekommen, viel Aufmerksamkeit und Zuneigung. Die Menschen, die gekommen sind, haben mir gesagt, dass sie mich lieben. Das war alles vorher nicht so. Ich habe im Zuge der Heilung beschlossen, nun alles, wozu mich die Krankheit zwingt, freiwillig zu tun, und alles, was sie mir bringt, auch ohne Krankheit einzufordern.

Meditation und Liebe

Meditation hat in vielen Heilungsgeschichten eine Rolle gespielt, ich habe sofort gewusst, dass das Meditieren auch für mich wichtig ist.

Es ist meine Überzeugung, dass Liebe, bedingungslose Liebe, die höchste Form der Energie ist, die auch den Krebs sozusagen auflösen kann. Also habe ich den Entschluss zur bedingungslosen Liebe gefasst. Und sofort war ich überfordert: Wie macht man das? Meine Intuition war ganz klar, also habe ich wieder einmal intensiv im Internet recherchiert. Und nach endlosen Seiten bin ich plötzlich bei einer Frau gelandet, die sinngemäß schreibt: Mach es einfach. Such dir Sätze, die für dich passen, arbeite mit den Werkzeugen, die du eh schon kennst, Affirmationen zum Beispiel. Und ich habe gedacht: Was, das soll schon alles sein?

Bedingungslose Liebe

Heute kann ich bestätigen, dass man lernen kann, bedingungslos zu lieben, dass man sich selbst schulen kann. Ich habe viel mit Affirmationen gearbeitet, die mir sehr geholfen haben. Der Satz „Ich bin gesund“ ist mein erster, wichtigster Anker gewesen. In der Meditation zu spüren „Ich bin bedingungslose Liebe“, hat mich immer wieder unglaublich glücklich gemacht. Ich habe mich sehr verbunden gefühlt, mit mir selbst, mit meiner Familie und mit der ganzen Welt.

Auch die Vorstellung „Liebe macht uns heil“ war wichtig. Sie hat mir die Sicherheit gegeben, dass ich dem Krebs stark und kraftvoll begegne. Und dass ich nicht gegen ihn kämpfen muss, sondern dass ich stattdessen alles auf Gesundheit ausrichten kann.

Die Visualisierungsmethode von Simonton, die viele kennen, finde ich nicht hilfreich: Die Vorstellung, dass die guten Zellen gegen die bösen Krebszellen kämpfen, widerspricht meinem Weltbild. Energie folgt der Aufmerksamkeit, und Kampf bedeutet viel Aufmerksamkeit für den Krebs, die ich ihm nicht geben wollte. Ich habe eher nach einer positiven Fragestellung gesucht: Was zeigt mir die Krankheit, was fehlt mir? Oder was brauche ich, was will ich in mein Leben hereinholen?

Schatten kennenlernen

Die Krankheit brachte eine Seite in mir hervor, die ich so nicht sehen wollte oder sehen konnte. „Diese Seite ist da, aber ich bin trotzdem gesund“, war meine Überzeugung. Die Herausforderung, diese Seiten von uns selbst und unserem Leben wahrzunehmen, ist auch eine Chance, die in der Krankheit liegt. Ich war in der Mutterrolle überfordert. Auch beruflich war ich eigentlich nicht zufrieden. Aber vor meiner Diagnose habe ich darüber nie nachgedacht.

Die Krankheit hat mich dazu gezwungen, auszuruhen. Und dann hat sie mir dazu verholfen, auszusteigen. Beruflich habe ich inzwischen 100 Sachen ausprobiert und bestimmt 90 wieder fallen lassen, aber ich kann heute meiner Freude folgen – auch der Freude am Ausprobieren, ohne zu denken, was andere (vielleicht) von mir erwarten.

Ich habe mich intensiv mit dem Tod beschäftigt, auch das klingt paradox: weil ich leben wollte. Ich habe immer wieder einen Moment erlebt, in dem ich ganz damit einverstanden war, wie mein Leben ist, eben auch endlich. Damit einverstanden sein, gehört für mich zum Leben ab jetzt dazu.

Das Ende der Geschichte?

Im Krankenhaus war zunächst ein engmaschiger Untersuchungsplan für mich vorgesehen. Das war mir recht, denn ich wollte nicht im Blindflug unterwegs sein und wollte auch wissen, was mit mir rein körperlich los ist. Die Untersuchungen haben mich bestätigt und mir Sicherheit gegeben, die Intervalle wurden immer länger, bis schließlich nur noch einmal im Jahr eine Kontrolluntersuchung gemacht wurde. Doch nach der ersten freudigen Überraschung
hat sich eigentlich niemand ernstlich für meine Geschichte interessiert. Das wundert mich bis heute, eigentlich müssten sie doch wissen wollen, warum der Tumor verschwunden ist. Meine Ärztin sagte zu mir: „Wenn Sie jetzt keinen Tumor mehr haben, ist die Rezidivdiagnose wohl ein Irrtum gewesen.“ Aus ihrer Sicht, aus der Sicht vieler ihrer Kollegen und Kolleginnen habe ich ja einfach nichts gemacht. Die haben mich schon für ganz schön verrückt gehalten. Und dann ist es einfacher zu denken, dass die Diagnose falsch war, und keine weiteren Gedanken zu verschwenden, was bei mir passiert sein könnte.
Und heute?

Ich lebe ein glückliches Leben. Ich bin gesund. Ich höre auf meinen Körper, und ich gehe zum Arzt, wenn ich etwas Auffälliges bemerke. Die „Ich bin gesund“-Litanei kann ich jederzeit anstimmen.

Meine Lebensqualität – und auch die um mich herum, in meiner Familie – hat sich enorm verbessert. Aber die Intensität hat schon nachgelassen, ich merke es oft an meiner Ernährung. Ich bin „anfällig“ für Süßes, und wenn es mir mal nicht so gut geht, wenn es insgesamt einfach zu viel wird, dann wird es auch zu viel Süßes. Umgekehrt gelingt es umso besser, gut für mich selbst zu sorgen, je besser es mir geht – also eine positive Rückkopplung. Und je besser es mir geht, desto besser geht es auch den Menschen um mich herum, das merke ich deutlich, noch eine positive Rückkopplung.

Das Bewusstsein für die Liebe und Verbundenheit ist da, aber nicht mehr so intensiv wie damals. Dafür müsste ich ständig viel meditieren, vielleicht würde es dann „halten“? Ich bin froh, dass ich diese Erfahrung machen durfte, die mir die Krankheit, vor allem mein Rezidiv, beschert hat.

Information zu unseren Betroffenenberichten

Wir freuen uns, wenn Patient:innen ihren individuellen und persönlichen Genesungsweg finden. Das ist ein Ausdruck des großen Heilungspotenzials in jedem Menschen. Gerne teilen wir diese Erfahrungen mit unseren Leser:innen, auch wenn persönliche Entscheidungen nicht immer auf andere Betroffene übertragbar sind. Sie entsprechen auch nicht in jeder Hinsicht einer konkreten Empfehlung der GfBK für Patient:innen in ähnlicher Situation. Wägen Sie sorgfältig ab, welche Impulse aus den Patient:innenberichten für Sie in Ihrer aktuellen Lage passend sind. Besprechen Sie diagnostische oder therapeutische Maßnahmen im Zweifel gerne mit unserem ärztlichen Beratungsdienst.

©iStock, 1210358928, nortonrsx
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