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Stört Artemisia die schulmedizinische Therapie?

15. Mai 2023

Ich habe gelesen, dass Artemisia die Wirkung von schulmedizinischen Therapien stören kann. Was wissen Sie darüber?

Es gibt tatsächlich Beobachtungen, dass Artemisia und seine Abkömmlinge das Potenzial haben, bestimmte Leberenzymen zu beeinflussen und damit auch die Wirksamkeit von zahlreichen Arzneimitteln. Noch ist unklar, ob durch die gleichzeitige Verabreichung zur Chemotherapie unerwünschte Wechselwirkungen auftreten können. Einige Therapeuten empfehlen daher die Einnahme von Artemisia erst nach Abschluss einer schulmedizinischen Therapie. Dies halten wir vor allem bei oralen Chemotherapien oder neuen Immuntherapien, die oral verabreicht werden, für sinnvoll. Grund für diese Wechselwirkungen sind die Beeinflussung der Enzyme CYP2B6 und CYP3A4. Diese Enzyme sind am Stoffwechsel und auch an der Verstoffwechselung von Arzneimitteln beteiligt. Es ist bekannt, dass verschiedene Substanzen die Aktivität dieser Enzyme fördern oder hemmen können.
In einer aktuellen Studie wurde die mögliche Hemmung von Artemisia-annua-Extrakt auf die Enzyme CYP2B6 und CYP3A4 untersucht. Dabei zeigte der methanolische Extrakt von Artemisia annua eine hemmende Wirkung auf CYP2B6 um fast 90% und auf CYP3A4-Enzyme um fast 70% (Kondža M et al./Biomedicines. 2023; https://doi.org/10.3390/biomedicines11010232).
Von daher kann es ratsam sein, die Einnahme während Chemotherapie oder anderen oralen Therapeutika, die über CYP3A4 umgewandelt oder abgebaut werden, zu überdenken. Dies trifft besonders auf Kinasehemmer  z. B. CDK4/6-Hemmer) zu, die oft als Tabletten eingenommen werden. Diese werden in erheblichem Ausmaß bereits im Darm und in der Leber durch CYP3A4 verstoffwechselt, bevor sie den Kreislauf erreichen. Eine wichtige
Substanz, die CYP3A4 beeinflusst, ist Johanniskraut. Das hohe Interaktionspotenzial von Johanniskraut ist inzwischen durch zahlreiche klinische Studien belegt, während bei anderen Stoffen nur erste Hinweise vorliegen. Dazu gehören neben Artemisia auch Weihrauch, Ginseng, Roter Sonnenhut, Baldrian, Knoblauch, Kurkuma und Ingwer. Man kann aber nicht davon ausgehen, dass normale Mengen an Nahrungsmitteln hier nennenswerte Wechselwirkungen haben. Eine Ausnahme ist die Grapefruit, bei der schon geringste Mengen ausreichen, damit CYP3A4 in der Darmschleimhaut gehemmt wird, was die Verfügbarkeit vieler oral verabreichter Arzneistoffe beeinflusst.
Sprechen Sie am besten mit Ihrem behandelnden Onkologen darüber, was für zusätzliche Substanzen Sie während einer Therapie einnehmen, und fragen Sie beispielsweise auch nach, ob eine Verstoffwechselung über bestimmte Leberenzyme stattfindet. Hier ist vor allem eine Beeinflussung bei bestimmten in der Krebstherapie eingesetzten Medikamenten (Kinasehemmer) denkbar.
Denken Sie aber auch daran, wie komplex diese Zusammenhänge sind und dass vieles gerade bei den erst kürzlich zugelassenen Wirkstoffen oft noch nicht erforscht ist. Und natürlich weiß man auch nicht, inwieweit Experimente im Reagenzglas auf den menschlichen Organismus übertragbar sind. Von daher bleibt gerade in Bezug auf Wechselwirkungen vieles Spekulation und wahrscheinlich auch eine Frage der Dosierung (außer bei Johanniskraut und Grapefruit). Kompliziert wird es auch dadurch, dass die Wechselwirkung nicht immer zur Folge hat, dass der Wirkstoff so rasch abgebaut wird, dass ein für die Therapie nötiger Blutspiegel nicht erreicht werden kann. Eine Abschwächung der Wirkung tritt vor allem durch die Gabe von Johanniskraut ein. Bei vielen anderen Substanzen aus der Natur können dann bestimmte Medikamente, die über die Leberenzyme verstoffwechselt werden, nicht mehr abgebaut werden. Dadurch kommt es dann zu mehr Nebenwirkungen und nicht zu einer Minderung der Wirksamkeit. Dies ist vor allem bei Grapefruitsaft, Baldrian, Gelbwurz, Ginseng und Ingwer der Fall.
Denken Sie also nicht immer daran, dass die Therapie nicht mehr wirksam ist. Vor allem wenn mehr Nebenwirkungen auftreten, lohnt es sich auch, einen Blick in die Liste der möglichen Nahrungsergänzungen zu werfen und mit den im Beipackzettel genannten Stoffen, die mögliche Wechselwirkungen auslösen können, abzugleichen.
Hier ein Beispiel: Abemaciclib wird hauptsächlich über CYP3A4 verstoffwechselt. Bei schwerer Leberfunktionsstörung soll die Dosisfrequenz auf einmal täglich gesenkt werden. Wenn die gleichzeitige Anwendung von starken CYP3A4-Inhibitoren nicht zu vermeiden ist, soll die Dosis von Abemaciclib ebenfalls gesenkt werden, weil es sonst zu mehr Nebenwirkungen kommen kann. Denn die gleichzeitige Anwendung von Abemaciclib mit CYP3A4-Inhibitoren kann die Plasmakonzentration von Abemaciclib erhöhen (Quelle: Gelbe Liste). Was sind CYP3A4-Inhibitoren? Laut DocCheck sind dies Grapefruitsaft, Baldrian, Gelbwurz, Ginseng und Ingwer.  Johanniskraut hingegen vermindert in dieser Kombination die Wirksamkeit. Bedenken Sie aber auch, dass nicht nur natürliche Substanzen an diesen möglichen Wechselwirkungen „beteiligt“ sind. Eine Vielzahl  schulmedizinisch eingesetzter Substanzen beeinflusst genauso die genannten Leberenzyme. Erwähnenswert sind hier Antibiotika, Antikrampfmittel, bestimmte Herzmedikamente und Dexamethason.


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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