Bluttest zum frühzeitigen Krebs Nachweis
Ich habe von einem neuen Bluttest gehört, mit dem Krebserkrankungen schon im Frühstadium erkannt werden können. Was halten Sie von einem solchen Test?
Bisher gibt es keinen Blut-Test, den man verwenden kann, um Krebserkrankungen in einem Frühstadium zu erkennen. Wir halten diese Meldungen schlichtweg für Sensationsmeldungen. Das gilt auch für Tests, die bei Tumorerkrankten angeblich dazu dienen, den Therapieverlauf zu kontrollieren (z. B. EDIM-Test, Apo-10, Adna Test, Maintrac, CellSearch). Bei den meisten dieser Verfahren werden Eiweiße, Zellkernmaterial oder Oberflächenmerkmale nachgewiesen, die spezifisch für Tumorzellen sein sollen. Es werden also nur Bestandteile von Tumorzellen aufgespürt. Ausnahmen sind der Maintrac-Test und der CellSearch-Test, bei denen anhand von Oberflächenmerkmalen lebende Zellen nachgewiesen werden können.
Beim EDIM-Test wird zum Beispiel nur untersucht, ob in den Fresszellen (Makrophagen) Tumorzellmaterial zu finden ist. Makrophagen haben natürlicherweise die Aufgabe, entartete Zellen zu „fressen″ und aufzulösen. Das tun sie fortwährend. Bei jedem Gesunden ist daher Tumorzellmaterial in Fresszellen zu finden. Ab welchem Grenzwert von einer Tumorzellbelastung die Rede sein kann, ist daher fraglich. Außerdem gibt es innerhalb der einzelnen Nachweisverfahren erhebliche Unterschiede. Vergleichende Studien zwischen diesen Tests liegen bislang nicht vor, weshalb man auch nicht sagen kann, welcher Test am sichersten und aussagekräftigsten ist. Rückschlüsse auf das Krebsgeschehen sind mit diesen Testverfahren allenfalls indirekt möglich.
Hinzu kommt, dass jeder gesunde Mensch Tumorzellen und damit auch Tumorzellfragmente im Blut hat, die jedoch im Laufe seines Lebens keinerlei Krebserkrankung verursachen. Wie viele Tumorzellen im Blut als „normal″ gelten können, lässt sich nicht wissenschaftlich fundiert behaupten. Unserer Ansicht nach ist es problematisch, wenn bei solchen Analysen festgelegt wird, dass bei mehr als fünf Tumorzellen in 7,5 ml Blut eine „Tumorzellpersistenz″ vorliegt. Immerhin gestehen selbst Experten auf diesem Gebiet ein, dass die prognostische Bedeutung von zirkulierenden Tumorzellen noch nicht eindeutig geklärt ist und in Studien überprüft werden muss.
Von den Anbietern des Maintrac-Tests wird betont, dass dieser Test nicht zur Krebsfrüherkennung angeboten wird und auch ganz bewusst keine Grenzwerte angegeben werden. Es sollte auch hier beachtet werden, dass die absolute Größe des Wertes nicht auf die Dynamik des Krebsgeschehens schließen lässt, eventuell aber die Dynamik der Zellzahl in weiteren Verlaufskontrollen. Hier muss die zukünftige Forschung zeigen, ob auf Grund eines Zellzahlanstiegs durch weitere diagnostische Schritte frühzeitig ein Rezidiv entdeckt werden und dies einen positiven Einfluss auf den weiteren Verlauf der Erkrankung haben kann. Fazit: Bisher kann man sagen, dass es noch nicht geklärt ist, wie die Information über Tumorzellbestandteile im Blut verwertet werden kann. Der praktische Nutzen dieser Diagnostik für die Betroffenen sollte individuell hinterfragt werden. So kommt eine aktuelle Studie mit sechsjähriger Beobachtungszeit zu dem Ergebnis, dass der Nachweis von Tumorzellen im Knochenmark zwar mit einem kürzeren Überleben assoziiert ist, der Unterschied in der 5-Jahres-Überlebensrate jedoch nur bei 4,9 Prozent (90,1 Prozent gegenüber 95,0 Prozent) liegt (Giuliano AE/AMA 2011).
Unser Rat: Wenn bei solchen Untersuchungen zirkulierende Tumorzellen oder Tumorzellbestandteile gefunden werden, ist es sinnvoll und notwendig, auch das therapeutische Vorgehen zu überdenken und anzupassen. Hat der Test keine Konsequenz für die Therapie, besteht unserer Ansicht nach die Gefahr, dass die Patienten psychisch unnötig belastet werden.