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Palliative Chemotherapie – eher Schaden als Nutzen?

20. Juni 2016

Ob eine palliative Chemotherapie einen Nutzen hat, untersuchten US-amerikanische Forscher mithilfe der "Coping with Cancer"-Studie (Wright AA/ BMJ 2014). Dazu wurden die Daten von 386 Krebspatienten ausgewertet, die zwischen 2002 und 2008 in die Studie aufgenommen worden und im Verlauf gestorben waren. Alle Patienten hatten eine metastasierte Erkrankung, und bei allen prognostizierten die behandelnden Ärzte eine Lebenserwartung von noch maximal einem halben Jahr.
Bei Aufnahme in die Studie erhielten insgesamt 56 Prozent der Patienten eine palliative Chemotherapie. Zwei Wochen vor dem Tod waren es nur 6,2 Prozent, vier Wochen vor dem Tod waren es zwischen 20 und 50 Prozent; und acht Wochen vor dem Tod waren es sogar 62 Prozent der Patienten, die eine Chemotherapie erhielten.
Die chemotherapeutisch behandelten Patienten gestanden sich mit 35 im Vergleich zu knapp 50 Prozent deutlich weniger häufig ein, unheilbar krank zu sein. Nur 37 Prozent gaben an, dass sie mit ihren Ärzten darüber gesprochen hätten, wie sie sich ihr Lebensende wünschten. Bei Patienten ohne palliative Chemotherapie war das dagegen bei fast jedem Zweiten der Fall.
Schließlich starben wesentlich mehr Patienten mit Chemotherapie während des Aufenthaltes auf einer Intensivstation (11 versus 2 Prozent) und weniger zu Hause (47 versus 66 Prozent).
Außerdem ging es den Patienten mit Chemotherapie am Lebensende deutlich schlechter als den Patienten ohne Chemotherapie. So waren in der letzten Lebenswoche bei den Patienten mit Chemotherapie häufiger Reanimationsmaßnahmen, Beatmungen oder beides erforderlich (14 versus 2 Prozent). Und: Deutlich mehr Chemotherapiepatienten brauchten eine Ernährungssonde (11 versus 5 Prozent). Schließlich wurden in der Chemotherapie-Gruppe mehr Patienten erst sehr spät - nämlich in der letzten Lebenswoche - an Hospizeinrichtungen überwiesen (54 versus 37 Prozent). Hinzu kommt, dass Patienten mit palliativer Chemotherapie nicht länger als Patienten ohne palliative Chemotherapie lebten.

GfBK-Kommentar: Dass eine Chemotherapie am Ende des Lebens keine Überlebensverlängerung bewirkt, sondern die Wahrscheinlichkeit erhöht, auf einer Intensivstation zu versterben, macht diese Studie deutlich. Auch eine andere US-amerikanische Studie kam an mehr als 25.000 Patienten mit Pankreas-Karzinom zu dem Ergebnis, dass im ungünstigsten Fall die zusätzlich gewonnene Zeit ausschließlich im Krankenhaus verbracht wird (Boyd CA/ Annals of Surgical Oncology 2012).
Diese Ergebnisse unterstreichen das Kommunikationsdefizit über den reellen Nicht-Nutzen einer palliativen Chemotherapie. So wissen die meisten Patienten nicht, dass eine Heilung nicht mehr möglich ist. Viele Onkologen scheuen das Gespräch über das Lebensende und verfallen lieber in Aktionismus als darüber aufzuklären, was sich mit einer palliativen Chemotherapie überhaupt noch erreichen lässt und nachzufragen, was die konkreten Wünsche der Patienten sind. So betonen die Autoren dieser Studie angesichts der Ergebnisse, dass „auch wenn es schwierig sei, die Patienten danach zu fragen, wo und wie sie sterben wollen, dieses Gespräch geführt werden müsse”.


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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