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Verlängerte Antihormontherapie bei Brustkrebs

26. Juli 2017

Mein Brustkrebs war hormonrezeptorpositiv. Seit 5 Jahren nehme ich Letrozol. Bisher sind keine Rückfälle aufgetreten und ich fühle mich auch nicht krank. Nun soll ich die Therapie auf 10 Jahre verlängern. Halten Sie das für empfehlenswert?

In der sogenannten MA.17R-Studie wurde untersucht, ob eine verlängerte Antihormontherapie mit dem Aromatasehemmer Letrozol von fünf auf zehn Jahre bei Frauen nach den Wechseljahren mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs die Rückfallrate verringert (Goss PE et al. / N Engl J Med 2016). Hierfür wurden 1918 postmenopausale Frauen mit frühem, hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom aufgenommen, die initial oder nach einer vorangegangenen Tamoxifen-Behandlung fünf Jahre eine Therapie mit einem Aromatasehemmer erhalten hatten. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip einer Letrozol-Therapie über weitere fünf Jahre oder einem Placebo zugeteilt. Es zeigte sich, dass eine Verlängerung der Antihormontherapie mit Letrozol von fünf auf zehn Jahre das krankheitsfreie Überleben nur geringfügig verbesserte (95% im Letrozol-Arm gegenüber 91% im Placeboarm) und praktisch keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben hatte (95% im Letrozol-Arm gegenüber 94% im Placeboarm).

In dieser Studie  wurden durch die längere Letrozol-Therapie Fernmetastasen (42 vs. 53 Ereignisse), lokoregionäre Rezidive (19 vs. 30), Knochenmetastasen (28 vs. 37) und vor allem kontralaterale Mammakarzinome (13 vs. 31) verhindert. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Krebs auch in der anderen Brust auftritt, konnte um relative 58% gesenkt werden. Die Kommentatoren der Studie meinen daher, dass der Vorteil von dieser Therapieverlängerung vor allem darin liegt, vorzubeugen. Diesen Effekt betrachten sie als Prävention von Neuerkrankungen im Sinne einer Chemoprävention.
Problematisch in puncto Nebenwirkungen war vor allem das Auftreten von deutlich mehr Knochenbrüchen unter Letrozol (14 vs. 9% bzw. 133 vs. 88 Patientinnen). Auch wurde Osteoporose in der Letrozol-Gruppe häufiger neu diagnostiziert (11 vs. 6% bzw. 109 vs. 54 Patienten). Ein Anstieg von kardiovaskulären Ereignissen (schweren Herz-Kreislauf-Problemen) war nicht erkennbar.

Auch eine weitere Studie lässt an der verlängerten Antihormontherapie zweifeln. Dies zeigen Langzeitergebnisse der ABCSG-16-Studie mit postmenopausalen, hormonrezeptorpositiven Brustkrebspatientinnen (Gnant M et al/SABCS 2017; Abstr GS3-01: http://www.ascopost.com/News/58332) In die 2004 begonnene Studie wurden 3.500 postmenopausale Frauen mit frühem HR-positivem Brustkrebs eingeschlossen und in zwei Gruppen randomisiert. Nach abgeschlossener fünfjähriger antihormoneller Standardtherapie erhielten die Patientinnen dabei den Aromatasehemmer Anastrozol entweder für weitere zwei oder für fünf Jahre.
Gegenüber der erweiterten 5-jährigen Aromatasehemmer-Gabe, die inzwischen von vielen Ärzten im Anschluss an eine abgeschlossener fünfjährige antihormonelle Behandlung empfohlen wird, war die zweijährige Gabe genauso effektiv. Es zeigte sich weder im primären Studienendpunkt, dem krankheitsfreien Überleben, noch im Gesamtüberleben bzw. der Rate an kontralateralen Tumoren ein Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen, so dass inzwischen einige Ärzte "nur" noch 7 Jahre und nicht mehr 10 Jahre antihormonelle Therapie empfehlen.

Unsere Empfehlung: Frauen nach fünf Jahren Antihormontherapie die Behandlung um weitere fünf Jahre mit einem Aromatasehemmer oder mit Tamoxifen zu verlängern, liegt zwar im Trend, ist aber umstritten. Wenn Tamoxifen über 10 Jahre gegeben wurde (Davis C / Lancet 2012), sank die Gesamtzahl der Rezidive von 25,1 auf 21,4% und die Brustkrebssterberate von 15,0 auf 12,2%. Diesen geringen Vorteilen stehen erhebliche Nebenwirkungen und Langzeitfolgen gegenüber. So wurde Gebärmutterkrebs in den Jahren 5 bis 14 bei 3,1% der Frauen mit 10-jähriger Tamoxifentherapie und bei 1,6% der Frauen mit 5-jähriger Tamoxifentherapie diagnostiziert. Zudem sind potenziell lebensbedrohliche Lungenembolien bei verlängerter Therapie häufiger aufgetreten.
Da drängt sich uns die Frage auf, wer wirklich von einer erweiterten antihormonellen Therapie profitiert (evt. Frauen mit befallenen Lymphknoten) und ob der Vorteil einer Chemoprävention in einem sinnvollen Verhältnis zu den Risiken und Nebenwirkungen steht.
Wer sich dennoch für eine Verlängerung seiner antihormonellen Therapie entscheidet, sollte in jedem Fall die Osteoporoseprophylaxe ernst nehmen: körperliche Aktivität und ein ausreichend hoher Vitamin-D-Spiegel (40–60 ng/ml) sind vonnöten. Beide Maßnahmen dienen zusätzlich dem Vorbeugen von Rückfällen.


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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