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Selen während Strahlentherapie?

24. November 2011

Ich bin an einem Unterleibstumor operiert und bekomme eine Strahlentherapie im Beckenbereich. Ich wollte eigentlich Selen nehmen, um die Nebenwirkungen ab zu lindern; aber mir ist geraten worden, dies auf keinen Fall während einer Strahlentherapie zu tun, da Selen die Tumorzellen vor der Bestrahlung schützen würde. Was können Sie mir raten?

Die Gabe von Selen während Strahlentherapie ist insofern sinnvoll, als das vierwertige Selen (Se4+) als Radikalfänger im Wesentlichen die gesunden Zellen vor Schädigung schützt: Die während einer Strahlentherapie entstehenden freien Radikale greifen sowohl die Tumorzellen als auch die umliegenden gesunden Zellen an. Während die Tumorzellen aufgrund der Strahlen-Fokussierung auf das befallene Gewebe vollständig zugrunde gehen, werden die Normalzellen je nach Abstand zum Bestrahlungsfeld mehr oder weniger geschädigt. Bei jeder Zellschädigung entstehen jedoch freie Radikale, die sich über das Plasma im Körper verteilen und so sekundär weitere gesunde Zellen angreifen. Das systemisch verabreichte vierwertige Selen (Se4+) fängt die Radikale im Extrazellulärraum ab und schützt so vor sekundärer Zerstörung gesunder Zellen.

Die GfBK gibt zu bedenken, dass es keinerlei Literaturhinweise gibt, die den befürchteten Effekt einer Schutzwirkung von Selen auf Tumorzellen nahe legen. Dagegen existieren zahlreiche Hinweise dafür, dass Tumorzellen anders auf Selen reagieren als gesunde Zellen und dass Tumorzellen durch Selen eher empfindlicher für die Standardtherapie werden, aber auf jeden Fall nicht geschützt werden. So wiesen die Arbeitsgruppe um Prof. Rodemann Dörr (Dresden) et al. nach, dass mit Selenit behandelte Normalgewebszellen bei Bestrahlung eine höhere Überlebensrate aufwiesen als Nichtbehandelte. In Tumorzellen war diese radioprotektive Aktivität hingegen nicht nachweisbar. Ein anderer Versuchsansatz von Prof. Bamberg (Tübingen) zeigte sogar, dass selenitbehandelte Tumorzellen empfindlicher auf Strahlung reagieren (Hehr T/ InFo Onkol 1999). Forscher aus dem Universitätsklinikum Hamburg schließlich konnte nachweisen, dass Selen ebenso wie Amifostin die Wirksamkeit einer Bestrahlung nicht einschränkt (Sagowski C/Onkologie 2004). Außerdem zeigte eine Studie an Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, dass die Gabe von Selen (500 µg als Natriumselenit) parallel zur Strahlentherapie zu einer Verringerung der Schluckbeschwerden und Schleimhautentzündungen führte (Bruns F/Med Princ Pract 2004).

Und eine aktuelle Untersuchung von Dr. Mücke aus Lemgo konnte bei Patientinnen mit Unterleibstumoren nachweisen, dass unter Natriumselenitgabe weniger häufig durch die Bestrahlung bedingte Durchfälle auftraten (Muecke R/International Journal of Radiation Oncology Biology Physics 2010). Im Rahmen diese Studie konnte sogar gezeigt werden, dass die hoch dosierte Selengabe mit 500µg an den Bestrahlungstagen und 300 µg an den bestrahlungsfreien Tagen die Wirksamkeit der Strahlentherapie nicht negativ beeinflusst. So lag die 5-Jahres-Überlebensrate der mit Selen behandelten Frauen sogar leicht über der Überlebensrate der Frauen, die kein Selen erhalten hatten (94,1 gegenüber 86,1 Prozent).
Insofern sollte eine zusätzliche Selengabe zur Standard-Begleittherapie während Strahlentherapie gehören.


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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