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Feinstaub und Brustkrebs

30. März 2021

DuPré NC, Hart JE, Holmes MD, Poole EM, James P, Kraft P, Laden F, Tamimi RM. Particulate Matter and Traffic-Related Exposures in Relation to Breast Cancer Survival. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2019; 28(4): 751-759. DOI: 10.1158/1055-9965.EPI-18-0803

Frauen mit Brustkrebs sterben insgesamt nicht früher an der Krebserkrankung, wenn sie in Regionen mit hoher Feinstaubbelastung wohnen. Allerdings ist die Sterblichkeit bei frühen Stadium-I-Tumoren in solchen Gegenden deutlich erhöht. Dies zeigen prospektive Kohortenstudien aus den USA, die die Feinstaubpartikel-Exposition und das Überleben von Brustkrebs untersuchten.
Für die Studien lieferten die Nurses 'Health Study (NHS) und die NHSII Kohorte detaillierte Daten zur Krankengeschichte, Lebensstilfaktoren und Todesursachen bei Frauen mit Brustkrebs (n = 8.936), die durchschnittlich fast 13 Jahre lang nachbeobachtet wurden. Insgesamt gab es 1.211 brustkrebsspezifische Todesfälle. Einziger Kritikpunkt: Die Feinstaubbelastung in Wohngebieten wurde nicht individuell gemessen, sondern anhand räumlich-zeitlicher Modelle geschätzt.
Ergebnisse: Insgesamt waren Feinstaubpartikel nicht mit einer brustkrebsspezifischen Mortalität assoziiert. Bei Teilnehmern mit frühem Brustkrebs im Stadium I war die Feinstaubbelastung jedoch mit einer deutlich höheren brustkrebsspezifischen Mortalität assoziiert. Pro Anstieg um 10 μg/m3 beim besonders lungengängigen Feinstaub PM2,5 ließ sich eine um 64 Prozent höhere Brustkrebsmortalität berechnen.
Bei der Gesamtmortalität trat ebenfalls ein Anstieg auf, wenn die Feinstaubbelastung erhöht war. Allerdings war dieser Effekt nur knapp signifikant.
Die Autoren dieser Studie vermuten, dass durch Feinstaub ausgelöste Entzündungsprozesse für eine ungünstige Prognose sorgen könnten. Da Frauen mit Stadium-II- und -III-Tumoren insgesamt eine schlechtere Prognose haben, fällt hier der Beitrag des Feinstaubs vielleicht nicht so sehr ins Gewicht.
Aus anderen Studien weiß man übrigens schon länger, dass eine hohe Feinstaubbelastung möglicherweise mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko einhergeht [1][2]. Diese Studien berücksichtigten jedoch im Gegensatz zur obigen Studie keine klinischen und Lebensstil-Prädiktoren für die brustkrebsspezifische Mortalität.

GfBK-Kommentar: Nach Angaben der WHO und Schätzungen von Studien ist die Schadstoffbelastung der Luft für etwa 4,5 Millionen jährliche Todesfälle verantwortlich. Ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), das im Jahr 2018 veröffentlicht wurde, unterstreicht, dass „gesundheitsschädliche Effekte von Luftschadstoffen sowohl in der Allgemeinbevölkerung als auch bei Patienten mit verschiedenen Grunderkrankungen gut belegt sind.“
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universitätsmedizin Mainz sprechen sogar davon, dass Luftverschmutzung die Lebenserwartung der Menschen im globalen Durchschnitt stärker als Infektionskrankheiten oder andere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie z.B. Rauchen verkürzt [3], wobei die durch die Luftverschmutzung verursachte vorzeitige Sterblichkeit in Ostasien und Südasien am höchsten ist. Prof. Dr. Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und Erstautor der Studie, sprach in einer Pressemitteilung sogar von einer „Luftverschmutzungspandemie“.
Dieselben Mainzer Forscher haben übrigens auch aufgezeigt, dass Inzidenz und Schweregrad einer COVID-19-Infektion mit der Luftverschmutzung zusammenhängen. Deren Schätzungen zufolge trug die Luftverschmutzung durch Partikel 15% zur weltweiten COVID-19-Mortalität bei [4].
Eine aktuelle Studie mit US-Senioren im Jahr 2020 zeigte sogar einen Zusammenhang zwischen höheren Feinstaubkonzentrationen und dem Auftreten von Morbus Alzheimer/Demenz oder einem Morbus Parkinson [5]. Mögliche entzündliche Reak¬tio¬nen und die Zunahme der Zahl von Mikroinfarkten im Gehirn werden als Folge eine erhöhten Feinstaubbelastung diskutiert.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Luftverschmutzung ein wichtiger Cofaktor ist, der das Mortalitätsrisiko durch Krebserkrankungen, aber auch von COVID-19 erhöht. Dies alles sollte Motivation genug sein, um Maßnahmen zur Reduzierung der Luftverschmutzung auf den Weg zu bringen.
Noch eine weitere Konsequenz ergibt sich aus diesen Daten: Auch die Luftverschmutzung ist nur einer von vielen schädlichen Faktoren, mit denen unserer „modernen Umwelt“ auf uns einwirkt. Ob und wann Maßnahmen zur Reduktion der Luftverschmutzung greifen werden, ist mehr als ungewiss. Umso wichtiger ist es daher, dass jeder einzelne an den Schrauben dreht, auf die er persönlich Einfluss nehmen kann, um die Voraussetzungen für seine Gesundheit (nicht nur Krebserkrankungen) zu verbessern. Und damit sind wir wieder bei den bestens bekannte Themen wie Ernährung, Bewegung, gute Sozialkontakte und Vitamin D etc., deren große Bedeutung für unsere Gesundheit umfangreich dokumentiert sind.

Literatur
[1] Hu H, Dailey AB, Kan H, Xu X. The effect of atmospheric particulate matter on survival of breast cancer among US females. Breast Cancer Res Treat 2013; 139: 217–26
[2] Tagliabue G, Borgini A, Tittarelli A, van Donkelaar A, Martin RV, Bertoldi M et al. Atmospheric fine particulate matter and breast cancer mortality: a population-based cohort study. BMJ Open 2016; 6:e012580
[3] Lelieveld J, Pozzer A, Pöschl U, Fnais M, Haines A, Münzel T. Loss of life expectancy from air pollution compared to other risk factors: a worldwide perspective. Cardiovascular Research 2020; 116(11): 1910–1917. https://doi.org/10.1093/cvr/cvaa025
[4] Pozzer A, Dominici F, Haines A, Witt C, Münzel T, Lelieveld J. Regional and global contributions of air pollution to risk of death from COVID-19. Cardiovascular Research 2020; 116(14): 2247–2253. https://doi.org/10.1093/cvr/cvaa288
[5] Iaccarino L, La Joie R, Lesman-Segev OH, et al. Association Between Ambient Air Pollution and Amyloid Positron Emission Tomography Positivity in Older Adults With Cognitive Impairment. JAMA Neurol Published online November 30, 2020. doi:10.1001/jamaneurol.2020.3962


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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