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Vitamin D: Vital-Studie und die Prävention von Krebserkrankungen

05. Oktober 2021

Chandler PD, Chen WY, Ajala ON, Hazra A, Cook N, Bubes V, Lee IM, Giovannucci EL, Willett W, Buring JE, Manson JE; VITAL Research Group. Effect of Vitamin D3 Supplements on Development of Advanced Cancer: A Secondary Analysis of the VITAL Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open 2020; 3(11): e2025850. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2020.25850

In der kontrolliert-randomisierten Studie „Vitamin D and Omega-3 Trial“ (VITAL) mit 25.871 Teilnehmern wurde untersucht, ob durch die Supplementierung von Vitamin D die Inzidenz von fortgeschrittenen Krebserkrankungen verringert werden kann.
Diese multizentrische Studie wurde in den USA durchgeführt. Zu den Teilnehmern gehörten Männer ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren (51% der Probanden waren weiblich), die zu Studienbeginn frei von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren. Sekundäranalysen umfassten u.a. die Untersuchung des Body-Mass-Index (BMI).
Jeweils ein Viertel bekam Vitamin D3 (2000 IE/Tag), Omega-3-Fettsäuren (1 g/Tag), beides oder Placebo. Die Probanden wurden dazu angehalten, keine weiteren hochdosierten Vitamin-D- und Fischölpräparate zu sich zu nehmen.
Während des mittleren Interventionszeitraums von 5,3 Jahren (Bereich 3,8-6,1 Jahre) erkrankten insgesamt 1617 Teilnehmer an invasiven, 500 an tödlichen oder metastasierten Tumoren. Letzteres betraf 226 Personen mit Vitamin-D-Supplementierung (1,7 Prozent ) sowie 274 ohne (2,1 Prozent).
Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und weiteren Begleitfaktoren ergab sich in der Gesamtkohorte eine Risikoreduktion um 17 Prozent zugunsten der Vitamin-D-Supplementierung, diese war jedoch nur knapp statistisch signifikant (p = 0,04). Keinen Einfluss auf die Inzidenz fortgeschrittener Tumoren zeigte sich für die Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren.
Deutliche Unterschiede fanden die Forscher in Abhängigkeit vom Body-Mass-Index (BMI). So hatten Normalgewichtige unter Vitamin-D-Gabe eine um 38 Prozent signifikante geringere Rate fortgeschrittener Tumoren als Normalgewichtige ohne Vitamin D. Menschen, die übergewichtig oder adipös waren, profitierten nicht von der Vitamin-D-Gabe. Allerdings trat auch hier ein gewisser, wenn auch nicht signifikanter Rückgang der Inzidenz auf: Unter den Übergewichtigen mit Vitamin D war die Rate um nichtsignifikante 11 Prozent verringert.

GfBK-Kommentar: Diese Studiendaten legen nahe, dass eine Vitamin-D-Supplementierung den metastasierten Krebs und die Krebssterblichkeit verringern kann, allerdings nur bei Normalgewichtigen.
Allerdings ist schon länger bekannt, dass Übergewicht zu Verdünnungseffekten führt, was zur Folge hat, dass viel höhere Dosierungen benötigt werden, um den Blutspiegel auf einen für die Krebsprävention effektiven Wert (50 bis 80 ng/ml) anzuheben. In der VITAL-Studie lagen die anfangs gemessenen Vitamin-D-Serumwerte jedoch durchschnittlich nur bei 31 ng/ml 25-Hydroxy-Vitamin D. Der optimale Vitamin-D-Spiegel zur Krebsvorbeugung liegt Studien zufolge jedoch deutlich höher als die derzeitigen Empfehlungen. So senkt ein Vitamin-D-Spiegel über 40 ng/ml das Risiko für Brustkrebs im Vergleich zu unter 20 ng/ml um 67 %, ein Wert über 60 ng/ml um mehr als 80 % [3]. Je höher der Vitamin-D-Wert im Serum, desto niedriger war das Risiko für Brustkrebs.
Angesichts dieser Erkenntnisse zeigt die obige VITAL-Studie auch, dass eine ausreichend hohe Supplementation abhängig vom Blutspiegel essentiell ist, und dies vor allem in Bezug auf das Körpergewicht. Da die Dosierung in der VITAL-Studie mit täglich 2000 I.E. nicht allzu hoch war, haben die (zahlreichen) übergewichtigen Personen nicht von der Gabe profitiert, da der Vitamin-D-Spiegel nicht ausreichend angehoben wurde – wohl aber bei den Normalgewichtigen.
Prof. Holick konnte übrigens kürzlich zeigen, dass eine Dosiserhöhung von 4000 auf 10.000 IE pro Tag nicht nur keine pathologischen Folgen hat, sondern nach etwa sechs Wochen zu einem Plateau im Blutspiegel bei ungefähr 80 ng/ml führt und zusätzlich auch drei bis viermal mehr Gene angesteuert werden [4].
Da wir als Menschen locker 10.000 Einheiten pro Tag in der Sonne produzieren können (und sicherlich früher auch haben) geht unsere Prognose dahin, dass wir in einigen Jahren bei einer Standarddosis von mindestens 4000 bis 10.000 IE landen werden – vorausgesetzt, es liegt keine Vitamin D Resistenz vor, die ungefähr 25 % der Bevölkerung betrifft, denn dann braucht man wesentlich mehr. Als Indikation für ein solches Vorgehen gelten derzeit noch ausschließlich die Autoimmunerkrankungen. Grundsätzlich ist die Gültigkeit dieses Prinzips auch bei Krebserkrankungen zu erwarten.
Supranormale Dosen sollten jedoch wegen potentieller Komplikationen nur unter ärztlicher Aufsicht im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes eingesetzt werden. Dass ein solcher „therapeutischer“ Einsatz von Vitamin D-Dosen bis zu 100.000 IE pro Tag in der ärztlichen Praxis möglich und sicher ist, wurde gerade von einer deutschen Arbeitsgruppe international publiziert [5]. Leider existiert derzeit noch keine einfache Labormethode, um die Vitamin D-Resistenz individuell nachzuweisen. Bei schweren Krankheitsverläufen sollte man jedoch an diese Möglichkeit denken und einen Spezialisten einschalten.
Dies alles muss dazu führen, dass zukünftige Studiendesigns die Supplementation mit Vitamin D unter Blutspiegelkontrolle durchführen, und zwar nicht nur zu Beginn, sondern auch im weiteren Verlauf, damit die konkrete Dosierung – so wie sich das im praktischen Alltag bewährt hat – individuell angepasst werden kann.
Auch die größte und bedeutendste Forschungsinstitution Deutschlands, das Deutsche Krebsforschungszentrum, bestätigt übrigens die Bedeutung durch die Ergebnisse von 3 Metaanalysen, dass sich mit einem entsprechenden Vitamin D Spiegel die Krebssterblichkeitsrate um 13% senken lässt und sich dadurch allein in Deutschland 30.000 krebsbedingte Todesfälle vermeiden lassen [6]. Endlich scheint langsam ein Denkwandel auch in der konventionellen Medizin einzusetzen.

Literatur
[3] McDonnell SL, Baggerly CA, French CB,Baggerly LL, Garland CF, Gorham ED et al. Breastcancerrisk markedlylowerwith serum25-hydroxyvitamin D concentrations 60 vs < 20 ng/ml (150 vs 50 nmol/L): Pooled analysis of two randomized trials and a prospective cohort. PLoSONE 2018; 13(6): e0199265. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0199265
[4] Shirvani A, Kalajian TA, Song A, Holick MF. Disassociation of Vitamin D's Calcemic Activity and Non-calcemic Genomic Activity and Individual Responsiveness: A Randomized Controlled Double-Blind Clinical Trial. Sci Rep 2019; 9(1): 17685. doi: 10.1038/s41598-019-53864-1
[5] Lemke D, Klement RJ, Schweiger F, Schweiger B, Spitz J. Vitamin D Resistance as a Possible Cause of Autoimmune Diseases: A Hypothesis Confirmed by a Therapeutic High-Dose Vitamin D Protocol. Front Immunol 2021; 12: 655739. doi: 10.3389/fimmu.2021.655739
[6] Niedermaier T, Gredner T, Kuznia S, Schöttker B, Mons U, Brenner H. Vitamin D supplementation to the older adult population in Germany has the cost-saving potential of preventing almost 30 000 cancer deaths per year. Mol Oncol 2021 Feb 4. doi: 10.1002/1878-0261.12924


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