Skip to main content

Erste Interventionsstudie bei fortgeschrittenem Darmkrebs mit Vitamin D

08. Februar 2022

Ng K, Nimeiri HS, McCleary NJ et al. Effect of High-Dose vs Standard-Dose Vitamin D3 Supplementation on Progression-Free Survival Among Patients With Advanced or Metastatic Colorectal Cancer: The SUNSHINE Randomized Clinical Trial. JAMA 2019; 321(14): 1370–1379. doi:10.1001/jama.2019.2402

In den letzten Jahren wird immer deutlicher, dass Vitamin D nicht nur die Knochenmineralisierung fördert, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Tumorwachstums spielt. Zum Beispiel ist bekannt, dass Menschen, die hohe Vitamin-D-Spiegel im Blut aufweisen, seltener an Darmkrebs erkranken. Nun hat eine randomisierte Studie erstmals gezeigt, dass sich das Fortschreiten der Erkrankung durch eine hoch dosierte Gabe von Vitamin D verlangsamen lässt.
Dies wurde anhand der doppelblind randomisierten SUNSHINE-Studie aufgezeigt. Eingeschlossen in diese Studie wurden 139 Patienten, die ein fortgeschrittenes oder metastasiertes kolorektales Karzinom hatten. Als Standard-Therapie erhielten die Studienteilnehmer eine Chemotherapie entsprechend des mFOLFOX6-Schemas, also Folinsäure (Leucovorin), Fluorouracil und Oxaliplatin plus Bevacizumab und entweder hochdosiertes Vitamin D3 (n = 69) oder eine Standarddosis Vitamin D3 (n = 70) täglich bis zur Krankheitsprogression, nicht tolerierbarer Toxizität oder Widerruf der Einwilligung.
Hochdosiertes Vitamin D3 bedeutete, dass die Patienten zwei Wochen lang täglich 8.000 I.E. Vitamin D3 oral und anschließend eine Erhaltungsdosis von 4.000 I.E. pro Tag erhielten. Denjenigen der Niedrig-Dosis-Gruppe wurde eine Standarddosis von 400 I.E. pro Tag verordnet.
Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Sekundäre Endpunkte waren die objektive Ansprechrate (ORR) des Tumors, das Gesamtüberleben (OS) und die Veränderung des 25(OH)D-Plasmaspiegels.
Ergebnisse: Bei 139 Patienten (mittleres Alter 56 Jahre; 60 [43 %] Frauen), die Chemotherapie und Vitamin D3 beendeten oder abbrachen (mediane Nachbeobachtungszeit 22,9 Monate), betrug das mediane PFS für hochdosiertes Vitamin D3 13,0 Monate versus 11,0 Monate für Vitamin D3 in Standarddosis. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen Hochdosis- und Standarddosis-Vitamin D3 für die Tumor-ORR oder OS. Der mediane 25(OH)D-Spiegel zu Studienbeginn für hochdosiertes Vitamin D3 betrug 16,1 ng/ml versus 18,7 ng/ml für Vitamin D3 in Standarddosis, beim ersten Restaging 32,0 ng/ml versus 18,7 ng/ml, beim zweiten Restaging 35,2 ng/ml versus 18,5 ng/ml, und bei Behandlungsabbruch/Studienende 34,8 ng/ml versus 18,7 ng/ml. Die hohe Vitamin-D-Dosis erhöhte nicht die Toxizität. Im Gegenteil: Es traten signifikant weniger schwere Durchfälle (Grad 3 und 4) in der Hoch-Dosis-Gruppe auf als bei den Patienten mit der Standarddosis an Vitamin D (12% versus 1%;).
Das bedeutet, dass in dieser Studie die Supplementierung von hochdosiertem Vitamin D3 gegenüber der Standarddosierung zu einem statistisch nicht signifikanten Unterschied im medianen PFS um zwei Monate geführt hat, jedoch mit einem signifikant verbesserten Supportive Hazard Ratio.

GfBK-Kommentar:
Lange Zeit wurde im Zusammenhang mit Krebserkrankungen dem Vitamin D keine Beachtung geschenkt. Nun wurde mit dieser Studie die allererste randomisierte Interventionsstudie zum Einsatz von Vitamin D als Teil einer kolorektalen Krebstherapie aufgelegt.
Was vorher bereits bekannt war: Menschen, die hohe Vitamin-D-Spiegel im Blut aufweisen, erkranken seltener an Darmkrebs. Das ergab eine große europäische Studie an mehr als 520.000 Personen aus zehn westeuropäischen Ländern [1]. Vergleicht man Menschen mit der besten Versorgung mit denen mit einer sehr schlechten Ausstattung, so wird das Risiko für Dickdarmkrebs damit fast verdoppelt. Auch an bereits Erkrankten zeigte sich, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel die Prognose deutlich verschlechtern [2].
Obige Studie belegt nun, dass die zusätzliche Vitamin-D-Gabe ein wichtiger Teil einer Tumortherapie bei Darmkrebs ist. Andere Interventionsstudien sollen folgen. Hier wäre wünschenswert, dass eine an den Blutspiegel abgestimmte Gabe erfolgt, da sich mit höheren Dosierungen schneller der wünschenswerte Zielwert zwischen 40 und 70 ng/ml erreichen ließe, der in dieser Studie leider im Median nicht erreicht wurde. Wird die individuelle Gabe auf den Blutspiegel abgestimmt, lassen sich sicherlich noch bessere Ergebnisse erzielen.
Ferner ist anzumerken, dass höchstwahrscheinlich für die Tumorpatienten eine Vitamin D-Resistenz zu diskutieren ist - so wie wir dies bei den Autoimmunerkrankungen seit einigen Jahren bereits diskutieren. Um diese Resistenz zu überwinden sind dann wirklich hohe Dosierungen erforderlich (u.U. bis zu 200 000 IE pro Tag, Coimbra-Protokoll). Dass dies ohne schädliche Nebenwirkung von qualifizierten Therapeuten mit Erfolg durchgeführt werden kann, hat gerade eine deutsche Arbeitsgruppe berichtet [3].

Literatur
[1] Jenab M, Bueno-de-Mesquita H B, Ferrari P, van Duijnhoven F J B, Norat T, Pischon T et al. Association between pre-diagnostic circulating vitamin D concentration and risk of colorectal cancer in European populations:a nested case-control study BMJ 2010; 340: b5500. doi:10.1136/bmj.b5500
[2] Zgaga L, Theodoratou E, Farrington SM, Din FV, Ooi LY, Glodzik D, Johnston S, Tenesa A, Campbell H, Dunlop MG. Plasma vitamin D concentration influences survival outcome after a diagnosis of colorectal cancer. J Clin Oncol 2014; 32(23): 2430-9. doi: 10.1200/JCO.2013.54.5947
[3] Lemke D, Rainer Johannes Klement RJ, Schweiger F, Schweiger B, Spitz J: Vitamin D Resistance as a Possible Cause of Autoimmune Diseases: A Hypothesis Confirmed by a Therapeutic High-Dose Vitamin D Protocol. Front Immunol 2021 Apr 7;12:655739. doi: 10.3389/fimmu.2021.655739


Ihre Spende

Unser Ziel ist es, wertvolles Infomaterial frei verfügbar zu machen, um Wissen und Selbstwirksamkeit zu fördern. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, unabhängig zu bleiben und dieses Material einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Jeder Betrag zählt und trägt dazu bei, unsere Mission zu verwirklichen.

Unterstützen Sie uns noch heute und werden Sie Teil unserer Bemühungen – herzlichen Dank!

©iStock, 1210358928, nortonrsx
©iStock, 1210358928, nortonrsx
GfBK Newsletter

Immer gut informiert

über Aktivitäten, Veranstaltungen und Angebote zu ganzheitlichen Krebstherapien sowie Gesundheitsimpulsen für Ihren Alltag.

Unser Newsletter ist ein kostenfreier Service der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V.