Die körpereigenen Abwehrkräfte sind ein wesentlicher Schutzfaktor vor Krankheiten, bei Krebs und aktuell auch bei COVID-19. Wie Sie Ihr Immunsystem stärken können und was Sie zur Virusabwehr tun können, erfahren Sie in diesem Schwerpunkt

Immunstärkende Maßnahmen sind bei Krebs wie bei Viruserkrankungen begleitend sinnvoll, auch wegen ihrer guten Verträglichkeit. Bei COVID-19 ist die Studienlage aktuell noch dünn, doch in Studien mit Influenzaviren sind einige Ansätze recht gut belegt. Wenn Sie etwas für Ihre Abwehrkräfte tun möchten, halten Sie in jedem Fall Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt, Ihrer behandelnden Ärztin. Diese können unter anderem auch die Blutspiegel von Selen und Vitamin D bestimmen.

Schutzfaktor Vitamin D

Die wichtigste Empfehlung ist, an eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung zu denken. Vitamin D wirkt antientzündlich und immunstabilisierend. Es fördert die Fähigkeit der Immunzellen, Feinde zu erkennen und Abwehrmechanismen einzuleiten. Ein Vitamin-D-Mangel erhöht die Anfälligkeit für Infektionen der oberen Atemwege deutlich. Studien zeigen, dass die Gabe von Vitamin D bei Erwachsenen und Kindern das Risiko für Atemwegsinfektionen um 20–30% verringern kann. Die Einnahme von täglichem Vitamin D zeigte dabei bessere Ergebnisse als wöchentliche Gaben (Bergman P et al. / PLoS One 2013). Amerikanische Ärzte empfehlen Menschen, die einer Risikogruppe angehören, einige Wochen lang täglich 10.000 I.E. Vitamin D3 einzunehmen, gefolgt von 5000 I.E. täglich (Grant WB et al. / Nutrients 2020). Das Ziel ist, die 25(OH)-Vitamin-D-Konzentration im Blutserum auf 40–60 ng/ml (100–150 nmol/l) zu erhöhen.

In der Krebstherapie ist die Wirkung von Vitamin D durch Studien belegt. Menschen mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel im Blut erkranken bis zu 40 Prozent seltener an Darmkrebs. Das ergab eine große europäische Studie an mehr als 520.000 Personen aus zehn westeuropäischen Ländern. Ähnliches gilt für Brustkrebs. Auch hier senkt ein hoher Vitamin-D-Spiegel das Risiko für eine Erkrankung. Inzwischen zeigen Studien bei Krebspatienten, dass eine gute Vitamin-D-Versorgung auch vor Rückfällen und Metastasen schützen kann. Mehr Informationen bietet Ihnen das GfBK-Info zu Vitamin D: https://www.biokrebs.de/images/download/Therapie_Infos/Vitamin_D.pdf

Vitamin C

Vitamin C ist ebenfalls sehr wichtig für die Immunantwort, auch von Viren. So erhöht ein Vitamin-C-Mangel das Risiko und die Schwere von Infektionen mit Influenzaviren. In der chinesischen Stadt Wuhan, die besonders stark von Covid-19 betroffen war, laufen aufgrund positiver Effekte bei einzelnen Covid-19-Patienten erste Studien mit Vitamin-C-Infusionen. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Regierung von Shanghai in ihren Richtlinien für die Therapie von Covid-19 offiziell die hoch dosierte Therapie mit Vitamin C (100–200 mg/kg KG pro Tag, i. v.) empfiehlt. Bei Gesunden wird hierzulande eine tägliche Zufuhr von 200 mg Vitamin C empfohlen. Dies erreicht man durch den täglichen Verzehr von etwa fünf Portionen frischem Obst und Gemüse (z. B. Kiwi, Stachelbeere, Orange, Paprika, Brokkoli) oder einer Nahrungsergänzung (Gröber et al. / DZO 2020).

Krebspatienten haben während oder nach belastenden Therapien einen besonders hohen Bedarf an Vitalstoffen, also Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Fett- und Aminosäuren. Vitamin C hochdosiert wirkt antitumoral. Eine kurmäßige hoch dosierte Verabreichung von Vitamin C als Infusion hat sich insbesondere zur Stärkung des Allgemeinbefindens und zur Tumorabwehr bewährt. Grundsätzlich sind dabei pflanzliche Vitamine synthetischen Vitaminen vorzuziehen. Mehr zur antioxidativen Wirkung der Vitamine A, C und E die finden Sie in unserem Schwerpunktthema vom Oktober 2019. https://www.biokrebs.de/schwerpunktthema/oktober-2019

Spurenelemente Selen und Zink

Bei einer Krebserkrankung gehört das Spurenelement Selen zu den unerlässlichen Heilhilfen. Als wichtiger Bestandteil von Selenenzymen ist es für eine ganze Reihe wichtiger Stoffwechselvorgänge unverzichtbar. Dazu gehören u.a. die Aktivierung des Immunsystems, die Entgiftung und die Reparatur des Erbmaterials. Außerdem wirkt es entzündungshemmend, bremst also überschießende Immunreaktionen. Viele Forschungsarbeiten belegen den hohen Stellenwert von Selen bei Krebserkrankungen. Selen erhöht ebenfalls die Chance, mit viralen Atemwegserkrankungen fertig zu werden. Ein Selenmangel schwächt das Immunsystem. Eine aktuelle Studie zeigt sogar einen Zusammenhang zwischen der Heilungsrate von Covid-19-Patienten und dem regionalen Selenstatus in Städten außerhalb der Provinz Hubei (Zhang J et al. / The American Journal of Clinical Nutrition2020). Ein optimaler Selenspiegel im Blutserum liegt zwischen 110 und 150 μg/l.

Zink scheint sogar eine direkte antivirale Wirkung zu haben (Read SA et al. / Adv Nutr 2019). So wurden an der Oberfläche von Erkältungsviren zahlreiche Bindungsstellen für Zink nachgewiesen. Dadurch war Zink zumindest im Laborversuch in der Lage, die Vermehrung und das Andocken von Erkältungsviren an die Rezeptoren der Schleimhäute zu verhindern.

Immunstärkende Pflanzen

Besonders gut gegen Viren und Bakterien wirken alle Kreuzblütler (Romeo L et al. / Molecules 2018), wie zum Beispiel Meerrettich, Kresse und Kohl, aber auch Liliengewächse wie Zwiebel und Knoblauch. Schon seit Jahrzehnten hat sich hieraus der Zwiebel-Thymian-Husten-Sirup bewährt. Immunstärkende Tees sind zum Beispiel Tees aus der Zistrose, Eberraute, Holunder, Thymian und Lindenblüten.

Auch Pilze können das Immunsystem stärken und haben eine antivirale Wirksamkeit. Dazu zählt auch der Shiitake-Pilz, den Sie ganz einfach als leckeres Pfannengericht zubereiten können. In der traditionellen chinesischen Medizin werden Präparate aus Heilpilzen seit mehreren tausend Jahren verwendet und seit längerem in Japan in der Krebstherapie eingesetzt. Heilpilze wirken antioxidativ, entgiftend und enthalten essenzielle Aminosäuren sowie eine Vielzahl bioaktiver Substanzen. https://www.biokrebs.de/patienten-fragen/brustkrebs/heilpilze-bei-brustkrebs

Bei COVID-19 Misteltherapie unterbrechen

Wenn bereits eine Virusinfektion vorliegt raten wir vom Einsatz stark immunstimulierender Arzneimittel ab, da eine überschießende Immunreaktion möglich ist (sogenannter Zytokinsturm als Grund für gefährliche Covid-19-Verläufe). Sobald sich bei Ihnen akute entzündliche Symptome (z. B. Fieber, Husten, Atemnot) einer Covid-19-Erkrankung zeigen, ist die Misteltherapie abzusetzen und eine Therapiepause einzulegen. Nach vollständigem Abklingen der akuten Entzündung kann die Misteltherapie jedoch wiedergegeben werden.

Den Mund-Nase-Rachen-Bereich schützen

Virushüllen sind auch durch Gerbstoffe und ätherische Öle sehr gut angreifbar. Diese Gerbstoffe sind zum Beispiel in grünem Tee und im Kraut der Zistrose enthalten. So zeigte regelmäßiges Gurgeln mit grünem Tee in Studien eine prophylaktische Wirkung gegenüber Influenzaviren (Ide K et al. / BMC Public Health 2016). Wahrscheinlich legen sich nach dem Trinken oder Gurgeln mit gerbstoffhaltigem Tee diese Stoffe auf die Mundschleimhaut und verhindern so auch noch einige Stunden danach das Anheften von Viren. Andere Gerbstoffe (sogenannte Polyphenole) sind auch in Ingwer, Rosmarin, Holunder und Granatapfel enthalten. Von den ätherischen Ölen ist Eukalyptusöl am besten untersucht. Hier zeigte sich eine verringerte Entzündungsreaktion bei Influenzaviren. Einen besonderen Stellenwert hat die Zistrose, deren Gerbstoffe sehr effektiv die Verbreitung von Grippeviren verhindern können. Weitere Informationen, wie Sie das Mundmilieu stärken und schützen finden Sie in unserem Schwerpunktthema vom März https://www.biokrebs.de/schwerpunktthema/maerz-2020.

Bei akuten Infektionen im Mund-Rachen-Bereich lautet daher neben der an den Blutspiegel angepassten Vitamin-D-Gabe unsere wichtigste Empfehlung: Lutschtabletten mit Zink, eventuell zusammen mit Vitamin C mehrmals täglich lutschen beziehungsweise kauen. Beides wirkt wahrscheinlich hemmend auf die Virusausbreitung im Mund-Rachen-Bereich.

Mit der Angst gesünder umgehen

Seit Monaten ist COVID-19 und der Umgang mit der Pandemie das beherrschende politische, gesellschaftliche und mediale Thema. Der Fokus der Aufmerksamkeit ist meist auf den Risiken und Gefahren. Das Gefühl, dem Infektionsgeschehen hilflos ausgesetzt zu sein, solange es keine Medikamente und keinen Impfstoff dagegen gibt, fördert Sorgen und Ängste. Doch dauert Angst länger an, kann es zur chronischen Belastung werden. Dann beginnt der Teil des Immunsystems seine Aktivität herunterzufahren, der uns vor Ansteckungen schützt. Das hat der Wissenschaftszweig der Psychoneuroimmunologie in Studien gezeigt.

Menschen können etwas tun, für ihr seelisches Befinden, ihre Abwehrkräfte. Gegen Angst ist aktives Tun ein bewährtes Mittel ebenso wie bewusstes Atmen und der Kontakt zu und der Austausch mit vertrauten Menschen. Gerade bei körperlicher Distanz ist es notwendig, ein Gefühl der Verbundenheit zu stärken.

Medien-Intervallfasten

Nehmen Sie sich Auszeiten vom Virus, eher mehr als weniger! Hören Sie auf, ständig Nachrichten über das Coronavirus zu lesen. verzichten Sie auf die x-te-Sondersendung zum Thema. Schalten Sie das Smartphone aus. Hören Sie auf, häufig mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Nutzen Sie die Zeit für schöne Dinge, für Dinge, die die Ihnen guttun und die Sie entspannen. Bewahren Sie sich Ihre Lebensfreude.

Ihr individuelles „Immunstärkungspaket“

Auch ganz einfache Maßnahmen können stärken: Gehen Sie in den Wald, lachen Sie, entdecken Sie neue Dinge und seien Sie für die kleinen Dinge im Leben dankbar. Das kann das Lächeln eines Nachbarn sein oder auch ein entspannter Spaziergang.

Vielleicht starten Sie in den Morgen mit einer Bürstenmassage und danach mit einem bunten Obstsalat. Als Tagesabschluss oder als Getränk zwischendurch genießen Sie einen Tee mit Ingwer oder Ingwerwasser. Und denken Sie bitte daran, dass eine vitalstoffhaltige pflanzliche Ernährung zusammen mit einer auf Sie abgestimmten Bewegung (am besten an frischer Luft) das Beste ist, was Sie sich selbst schenken können. Und „impfen“ Sie sich mit einer Portion Zuversicht.

Ergänzen können Sie dies mit weiteren Mitteln, aus denen Sie Ihr ganz individuelles „Immunstärkungspaket“ schnüren können. Natürlich sind diese Mittel nur Empfehlungen, und Sie entscheiden selbst, welche Sie wählen – am besten in Abstimmung mit den Sie derzeit behandelnden Ärzten.

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