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Die passende Entscheidung finden

Die Diagnose Krebs verunsichert stark. Was ist die richtige Behandlung?
Wie komme ich zu einer Entscheidung, zu der ich stehen kann? Ein Beitrag über den Möglichkeitssinn, Vertrauen in die innere Stimme und die Bedeutung von Zweitmeinungen.

Ein Patient mit einer ernsthaften Krebsdiagnose steht vor einer großen Lungenoperation. Er habe sein Testament gemacht und erkenne die Endgültigkeit der Situation an, berichtet er dem Psychoonkologen Josef Ulrich. Als ob mit der Diagnose eine vorprogrammierte Entwicklung ablaufe.

Angst, Ohnmacht, das Gefühl von Aussichtslosigkeit kennen die meisten Krebspatient*innen. „Die Diagnose ist ein Fakt, die Prognose eine Zukunftsmöglichkeit.“ Josef Ulrich setzt in seinem Beitrag in unserer Mitgliederzeitschrift momentum - gesund leben bei Krebs der Ohnmacht den Möglichkeitssinn entgegen. Prognosen über verbleibende Lebenszeit und Überlebenswahrscheinlichkeiten sind eine statistische Größe. „Die Prognose zeigt eine durchschnittliche Entwicklungsmöglichkeit, die keinerlei Bezug haben muss zu der Individualität und dem Schicksal der betroffenen Menschen“, so Ulrich weiter.

Den Möglichkeitssinn öffnen
Die Krankheit bringt Menschen schnell in eine passive Opferrolle, doch Opfergefühle versperren den Zugang zu Ressourcen. Es ist ein Entwicklungsprozess vom mutlosen, scheinbar hilflosen Menschen zur Person, die wieder Verantwortung für sich und ihre Behandlung übernimmt und innerlich überzeugt sagen kann: Trotz aller Lebensumstände bin ich Mitgestalter meines eigenen Lebens.
Wer die eigene Selbstwirksamkeit erkennen und aktivieren kann, stellt andere Fragen, sein Interesse richtet sich auf Alternativen und Lösungen: Was kann ich selbst für mich tun? Was stärkt mich? „Du kannst selbst etwas zu deinem Gesundungsweg beitragen″. Dieser Satz habe sie auf ihrem Weg durch ihre Brustkrebserkrankungen immer wieder gestärkt, schreibt Silke Kugler in ihrem Patientenbericht.

Vertrauen zur eigenen, inneren Stimme aufbauen
„ ‚Was fühlt sich jetzt gut an?‘ Dieses Hinspüren, dieses Fragen und Fühlen wurde mein ureigener Kompass, an dem ich mich zukünftig orientieren würde”, schreibt Bettina Flossmann über die Bewältigung ihrer Brustkrebserkrankung.

Nachdem sie den Tumor in ihrer Brust herausoperieren gelassen hat, erhält sie eine schockierende Nachricht der Ärzte. Es seien noch weitere Herde in der operierten Brust, sie solle sich die Brust komplett abnehmen lassen. „Plötzlich befand ich mich in einer riesengroßen Angstblase. Fragen wie: Was wäre, wenn die Ärzte recht hätten? Was, wenn eine Amputation meine einzige Möglichkeit des Überlebens wäre?“
Für Bettina Flossmann beginnt eine Zeit des Zweifelns, aber auch des praktischen Tuns. Sie beginnt ihren Körper zu entgiften, eine Darmreinigung zu machen und die Ernährung zu optimieren. „Es war ein tolles Gefühl, aktiv etwas Gutes für meinen Körper zu tun.“ Trotzdem blieb das energieraubende Hin- und Herswitchen. „Ich lernte, bewusst und liebevoll mit mir umzugehen, wahrzunehmen und neue Entscheidungen zu treffen – stets basierend auf einem inneren Michbefragen: Was fühlt sich gut für mich an?“

Schritt für Schritt habe sie sich im Umgang mit sich und den Ärzten selbst ermächtigt. Durch Informationen, Bewusstwerdung, Entscheidung und Üben. „Ich wurde innerlich immer klarer und stabiler.“

Eine letzte Drittmeinung in einem weiteren Brustzentrum gibt schließlich den Ausschlag: Der Arzt steht unter Zeitdruck, kann Bettina Flossmann nicht in die Augen sehen. „Ich traf eine weitere Entscheidung: ‚Meine Brust bleibt.‘ Endlich war Klarheit in mir, und ich wusste tief in mir drinnen, dass das für mich richtig und stimmig ist … An dieser Entscheidung habe ich auch im Nachhinein kein einziges Mal mehr gezweifelt.“

Zweitmeinung: Wunsch nach mehr Sicherheit
Betroffene wünschen sich vor allem zu Fragen der Krebsbehandlung eine Zweitmeinung, so eine schriftliche Befragung von 1.598 Personen, die von der Bertelsmann-Stiftung und der BARMER GEK durchgeführt wurde. Mehr als die Hälfte der Befragten nannte Unsicherheit bei der Entscheidung für oder gegen eine Behandlung als Motiv.

Jede*r Fünfte wollte eine Zweitmeinung, weil das Vertrauen in den Arzt, die Ärztin fehlte. Vertrauen ist entscheidend. Bei einer Krebsdiagnose sind meist weitreichende medizinische Entscheidungen zu fällen, und dies oft über einen längeren Zeitraum hinweg. Deshalb sollte die Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin von Vertrauen geprägt sein und nicht zusätzlich belasten.

Die GfBK empfiehlt Patient*innen: Nutzen Sie Ihr Recht auf eine Zweitmeinung. Sie erhalten zusätzliche Informationen und verschaffen sich einen größeren Überblick über die offenstehenden Möglichkeiten. Dies ist ein Baustein zu einer Entscheidung, zu der Sie stehen können.

Übrigens: In der Befragung der Bertelsmann-Stiftung gaben drei von vier Befragten an, dass sie ihre Entscheidung änderten, nachdem sie eine zweite ärztliche Meinung erhalten hatten.

Patient*innen haben laut §27b SGB V das Recht auf eine Zweitmeinung. Ihr behandelnder Arzt, die behandelnde Ärztin ist verpflichtet, eine Zweitmeinung zu unterstützen. Im Gesetz steht übrigens auch, dass die behandelnden Ärzt*innen die Patient*innen über dieses Recht aufklären müssen.

Expert*innen aus universitären Einrichtungen geben oft ähnliche Empfehlungen. Ziehen Sie deshalb Mediziner*innen zurate, die sowohl schulmedizinische als auch komplementärmedizinische, naturheilkundliche Therapien fachkundig einschätzen können. „Ich nutzte das Mich-informieren zunächst als Weg aus der Ohnmacht und erkannte schnell, dass es nicht nur die von der Schulmedizin angeratenen Optionen, sondern zahlreiche andere Möglichkeiten gibt“, so Bettina Flossmann.

Unabhängige Beratung der GfBK
Bei individuellen, medizinischen Fragen berät unser ärztlicher Beratungsdienst Krebspatient*innen und deren engste Angehörige. Wir können keine Untersuchungen durchführen oder Diagnosen stellen. Die ärztlichen Beraterinnen und Berater geben individuelle Orientierungs- und Entscheidungshilfen. Sie helfen, unterschiedliche Ansätze bei der Krebsbehandlung zu bewerten. Sinnvoll ist es, wenn Sie sich im Vorfeld Ihre wichtigsten Fragen notieren. Aus juristischen Gründen weisen wir Sie darauf hin, dass sie eine Therapie bei Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin oder Onkologen/Onkologin nicht ersetzen.

Erst informieren dann entscheiden
Egal ob es um die Erstdiagnose oder die Zweitmeinung geht, etwa bei der Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie. Sprechen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin über dem möglichen Nutzen sowie die zu erwartenden Beeinträchtigungen und Nebenwirkungen.

Informieren Sie sich selbst über die verschiedenen Therapieoptionen, ihre Vorteile und Nachteile – Chancen und Risiken. Lassen Sie sich alles ausführlich erklären.

Die gesammelten Informationen helfen Ihnen, das Mitspracherecht bei den geplanten Therapien wahrzunehmen. Keine Leitlinie oder ärztliche Empfehlung kann Ihnen die eigene Entscheidung über die Therapien abnehmen. Und diese Entscheidung sollte persönlich stimmig sein.

Nehmen Sie sich Zeit, um in Ruhe darüber nachzudenken, was für Sie sinnvoll und notwendig ist. Die sorgfältige Auswahl der Therapie ist bei Krebs wichtiger als der rasche Behandlungsbeginn.

Gleich, für welche Therapien Sie sich entscheiden: Wichtig ist, dass Sie innerlich hinter Ihrer Entscheidung stehen. Wissenschaftliche Untersuchungen geben eindeutige Hinweise darauf, dass sich die Aussichten auf Heilung deutlich verbessern, wenn Patient*innen ihre Therapien nachvollziehen und mittragen können.

Was tun bei unterschiedlichen Empfehlungen?
Und wenn die Meinungen auseinander gehen und Ärzt*innen sich nicht einig sind, welche Behandlung die beste ist? Teilen Sie den Ärzt*innen mit, dass Sie so nur schwer zu einer Entscheidung kommen können. Bitten Sie beide Ärzt*innen miteinander zu kommunizieren und deutlich zu machen, warum sie unterschiedliche Behandlungen favorisieren, welche Vor- und Nachteile die bevorzugten Therapieoptionen haben. Falls Sie zu beiden Ärzt*innen kein Vertrauen aufbauen können, kann es besser sein, einen dritten Arzt zurate zu ziehen. Oder Sie wenden sich an den Ärztlichen Beratungsdienst der GfBK.

Über das Symptommanagement hinaus
Alles Gewordene geht aus einem Werden hervor, schreibt der Psychoonkologe Josef Ulrich in momentum. „Nichts ist, sondern alles wird.“ Angesichts einer lebensbedrohlichen Krankheit haben Menschen anfangs keine Zeit für das Werden, so Ulrich weiter. „Zuallererst ist Symptommanagement lebensnotwendig.“

Sind Menschen an dem Punkt, dass sie über die Fokussierung auf die Symptomatik hinaus sind, stellen sich drei Fragen, so Ulrich:

  • „Können wir uns die lebenslängliche inneren Selbstheilungsprozesse bewusst machen sowie die ständige Erneuerungsprozesse in den Zellen und Organen?
  • Können wir die Entwicklungsprozesse sowie inneren und äußeren Lebensumstände erkennen, die der Symptombildung vorausgehen?
  • Können wir uns bewusst werden, welche Lebenshaltungen und Verhaltensweisen die weitere Entwicklung des Lebens in wünschenswerter Wiese modulieren?“

In diesen drei Fragen Erkenntnisse zu gewinnen, kann die unmittelbar Betroffenen motivieren und ihren Willen stärken, „um für ihren Entwicklungs- und Heilungsweg selbst Verantwortung zu übernehmen. Damit können andere Krankheitsverläufe gelingen als sonst.“

Informationen zur ärztlichen Beratung der GfBK
Diese Möglichkeiten können Sie in Anspruch nehmen

  • Telefonische ärztliche Beratung: Bitte vereinbaren Sie einen Rückruftermin unter der Telefonnummer 06221-13802-0. Unsere Mitarbeiterinnen erfassen Ihre medizinische Frage und leiten diese an den ärztlichen Beratungsdienst weiter. Unsere Ärzte rufen Sie im vereinbarten Zeitrahmen zurück.
  • Persönliche ärztliche Beratung: Nach telefonischer Terminabsprache ist in der zentralen Beratungsstelle sowie in einigen regionalen Beratungsstellen eine persönliche Beratung vor Ort möglich.

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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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