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© Ellen Volkhardt

Was mich trägt und stärkt: Aus Krebs wird Liebe

Ellen Volkhardt in Signal 4/2011

Was ist Wandlung? Eine Form scheint auf, die andere verschwindet. Kann man sagen, dass der Schmetterling eine Raupe war? Eine Substanz in der Raupe nimmt die Form des Schmetterlings an. (Swami Prajnanpad)

Die Krebsdiagnose 2008 hat mich aus meinem sicheren Alltag geschleudert. Heute, im Jahr 2011 würde ich sagen, dass ich mich auf eine Reise ins Leben begeben habe.

Ich habe mich künstlerisch mit dem Thema Krebs auseinandergesetzt. Dabei sind Arbeiten mit programmatischen Titeln entstanden: »Aus Krebs wird Liebe«, »Aus Tumor wird Heilen«, »Aus Cancer wird Change«. Es sind Bücher, in denen jeweils eine Buchseite einem Wort gewidmet ist, die Buchstaben eines jeden Wortes habe ich mit Gedanken, Gebeten, Gedichten und Bildern gefüllt.

Ich kann über meinen Weg nicht sprechen, ohne die Arbeit von Otto Richter zu erwähnen und ihm an dieser Stelle für seine Unterstützung zu danken. Ohne ihn gäbe es die Bücher nicht, denn die Idee dazu entstand während eines Seminarzyklus, den ich während meiner Behandlung durchlief. Auch die Idee, sie Visio-Tactile TransForms zu nennen, stammt von ihm. Alle Entscheidungen, die ich bezüglich meiner Behandlung zu treffen hatte, wären anders ausgefallen, hätte ich nicht diese Seminarerfahrung gemacht. Eine wichtige Entscheidung war die Kontaktaufnahme mit dem 3E-Zentrum. Das Telefonat, das ich mit einer Krebsberaterin führte, hat eine Weiche gestellt und mich ermutigt, Krebs als Reise zu mir selbst zu sehen. Anhand eines der Bücher, die im Laufe meines Prozesses entstanden sind, erzähle ich meine Reise.

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Station 1: KREBS

Ich bin eine von tausenden von Patienten, die eine Krebsdiagnose bekommen haben. Routine für die Chefärztin eines Brustzentrums. »Sie haben Krebs und müssen sofort operiert werden. Der Tumor ist sehr groß, daher nehme ich ein Drittel der Brust ab. Die Operation dauert ungefähr vier bis fünf Stunden. Bestrahlung ist in jedem Fall nötig, über eine Chemo entscheiden wir später. Vertrauen Sie mir?«

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Station 2: KRISE

Der Weg nach Hause führte mich durch sonnige Straßen, vorbei an Spielplätzen und Eisdielen. Ich hatte also Krebs. Eine Diagnose, bei der jeder zusammenfährt. Alle Ängste traten auf die Lebensbühne: Kann doch gar nicht sein, wie lange habe ich noch zu leben, werde ich Schmerzen haben, welche Freunde und Freuden lasse ich zurück? Krebs war für mich eine Bedrohung aus der Ferne, die man mit Stahl, Strahl, Chemo bekämpft. Nun war der Krebs in meiner Brust. Ich fügte mich in die Diagnose und bereitete mich innerlich auf die Operation und die angekündigten Folgebehandlungen vor. Ich hatte Angst. Aber auch das Gefühl einer Erleichterung: Ich hatte einen mehr als hinreichenden Grund, um sofort meinen Alltag, insbesondere meine beruflichen Belastungen, hinter mir zu lassen.

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Station 3: KREISE

Es bestand Behandlungsbedarf, aber kein Grund zur Hast und zu Entscheidungen, die aus der Angst getroffen werden. Ich sagte den eilig anberaumten Operationstermin ab. Das war der Moment, in dem ich begann zu wachsen. Mit der Absage fühlte ich mich plötzlich erleichtert und mündig. In der Eigenverantwortung spürte ich meinen Weg, der mir Wachstum und Heilung verhieß. Gegen den Krebs zu kämpfen, bedeutete dann gegen mich zu kämpfen. Es ist vergleichbar mit zwei Ruderern, die in einem Boot sitzen und in entgegengesetzte Richtungen rudern, jeder in der Überzeugung, die richtige Richtung gewählt zu haben. Das Boot bewegt sich nicht und die Ruderer verausgaben sich vollends. Würden sie ihre Ruder beiseitelegen und sich der Strömung hingeben, kämen sie ohne ihr Zutun an.

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Station 4: REISE

Mein Weg führte zunächst in das 3E-Zentrum in Buoch. Dort lernte ich die Öl-Eiweiß-Kost nach Johanna Budwig, Meditations- und Visualisierungstechniken sowie ein Entgiftungsprogramm kennen und bekam dort die wertvollen 3E-Werkzeuge im Umgang mit der Diagnose Krebs an die Hand: Ernährung, Entgiftung, Energie.

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Station 5: LEISE

Ich legte die Ruder aus den Händen und wurde still, um auf die Stimmen in mir zu hören, die ich schon zu lange überhört hatte. Ich gab auch dem Tumor eine Stimme. Der Alltagslärm verschwand aus meinem hektischen Leben. In der Zuwendung zu mir lag die Verheißung einer Lebendigkeit, die ich bisher noch nicht gespürt hatte. Ich hatte zuvor vielleicht existiert, nun, angesichts der Diagnose Krebs, begann ich zu leben. In der Stille war es mir möglich zu hören.

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Station 6: LESEN

Dabei sein heißt, in dem Augenblick zu leben und in diesem mit aller Achtsamkeit zu sein, zu fühlen, zu diesem Augenblick genau am richtigen Ort zu sein. Ich las. Ich las alles, was mir wichtig schien. Fachliteratur, über Heilungswege, Krebs als Chance, Gedichte der Hoffnung, Gedichte der Angst. Je mehr ich las, umso klarer wurden meine Entscheidungen. Ich fand einen Chirurgen, der mich schonend operierte, zu einem von mir gewünschten Zeitpunkt. Ich spürte Menschlichkeit. Ich stürzte danach in eine tiefe seelische Krise. Sie führte mich in die Notwendigkeit, mich mit dem Thema Krebs noch intensiver zu befassen, meinen Ängsten zu begegnen und meinen Hoffnungen Raum zu geben. Ich begann, die Bücher zu gestalten und fand in diesem Prozess Heilung, Zuversicht und Kraft.

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Station 7: LEBEN

Ich wurde mehr und mehr lebendig. Bis zum Dezember 2009 als ein Lokalrezidiv diagnostiziert wurde. Als Therapie wurden Amputation und Chemo vorgeschlagen. Ich stellte alles infrage. Ich entschied mich gegen die vorgeschlagene Therapie. Mein Weg führte mich in eine Klinik für Ganzheitliche Krebsbehandlung, in die Arcadia Praxisklinik in Kassel. Dort wurde ich mit Hyperthermie, Vitamin-C-Infusionen und Sauerstofftherapie behandelt. Bei aller Verzweiflung bewahrte mich dieser erneute Befund vor der Rückkehr in meinen Beruf – so muss ich es formulieren. In diesem Aufschub lag eine Spur von Erleichterung. Ein erneuter Verdacht auf einen Herdbefund im März vergangenen Jahres führte zu meiner Pensionierung. Das hatte einerseits finanzielle Einbußen, andererseits einen nicht mit Geld zu bezahlenden Zugewinn an Lebensqualität zur Folge. Der Herdbefund verkleinerte sich zusehends.

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Station 8: LIEBEN

Ich bin dankbar, und darin besteht mein Glück. Ich habe das Gefühl, dass nun die Ruderer in dieselbe Richtung rudern und sich der Strömung hingeben, wenn sie sich ausruhen möchten. Mit einer Verneigung vor der Liebe und dem Licht des Lebens beschließe ich die Reise mit den Gedanken von Sandor Marai: „Manchmal hat man zu antworten, in unvorhersehbaren und unaufschiebbar schicksalhaften Augenblicken des Lebens: Hat zu antworten, auf alles. Wer bin ich? Was habe ich vor? Gegen wen, für wen will ich sein im Leben? Mit welchen Fähigkeiten, Instrumentarien, Mitteln, mit welchem geistigen Rüstzeug? Und was das Wichtigste ist: Mit welchen Zielen? Und, antworten, auf alles: Wie weit bin ich? Habe ich noch Reserven an Opferbereitschaft, Selbstlosigkeit, oder will ich nur noch Restbestände wahren und retten? Doch dann erfährst du, dass man auf solche Fragen nicht mit Worten, sondern nur mit dem Leben antworten kann.“ Ich habe mit Worten und mit dem Leben auf diese Fragen geantwortet und das erfüllt mich mit Dank.

Text und Abbildungen: Ellen Volkhardt

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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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