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© Dr. Gabriele Röhn

Der Tanz ins Leben

Dr. Gabriele Röhn in Impulse 2/2008

"Für mich gehören Tumore ins Labor und nun steht mein eigener Name auf dem Befund!", so Dr. Gabriele Röhn, promovierte Biologin, die in Köln in einem onkologischen Labor der Neurochirurgie arbeitet. Arbeitsschwerpunkt Hirntumore. 2001 erwischt es sie selbst. Die Diagnose: Brustkrebs. Ein halbes Jahr lang wiegt sie sich in Sicherheit. Sie tastet einen Knoten in der Brust, ihre Frauenärztin winkt ab: "Nur verhärtetes Bindegewebe, kein Grund zur Sorge".

Ihre innere Stimme lässt ihr keine Ruhe. Auf ihr Drängen hin – Überweisung an die Frauenklinik mit modernstem Ultraschallgerät. Das, was sie innerlich längst geahnt hat, stellt sich als richtig heraus. Krebs. Es ist nicht nur einer, es sind viele Tumore. Die Brust muss amputiert werden – eine Folge der späten Diagnose. Gabriele Röhn klagt oder hadert nicht, während sie dies erzählt. Kurze klare Worte, nicht zu viel, nicht zu wenig. Fakten. So ist es. Was dann folgte, beschreibt sie als "Abenteuerurlaub".

Sie ließ sich dort operieren, wo sie die beste medizinische Versorgung erhielt, an der Uniklinik. Operation, Chemotherapie. Das ganze Programm. "Alles andere wäre mir viel zu gefährlich gewesen". Parallel dazu Naturheilkunde, Mittel, die den Körper unterstützen: hochdosierte Enzyme und Mineralstoffe, Zink, Selen. Während der Chemotherapie ein homöopathisches Kombinationsmittel, das die Übelkeit dämpft. Außerdem ein Mittel zur Immunstärkung. Psychoonkologische Betreuung. Die habe ihr gut getan. Wie viele andere hatte sie zunächst gedacht, sie brauche so etwas nicht, schaffe das allein, doch dem war nicht so. Die Begleitung war gut, genauso wie die Reha, die sie eigentlich anfangs auch nicht wollte.

Ach ja, und dann natürlich noch die Mistel. Vom ersten Tag an habe sie die gespritzt, nicht nach Schema, sondern die letzten 5 Jahre lang kontinuierlich, zweimal pro Woche, jetzt nur noch zweimal pro Jahr. In ihren Worten klingt Selbstbewusstsein. Sie hat selbst recherchiert, was das Beste für sie ist, war gut begleitet von der naturheilkundlichen Hausärztin, der sie schon seit Jahrzehnten vertraut. Und dann war da noch der Tanz, ihr Lebenselexier, ihr Motor. Schon als Kind lernte sie Ballett-Tanzen. Als Erwachsene kommen Standard- und Lateinamerikanische Tänze hinzu. Sie tanzt Turniere, probiert aus, erweitert ihr Repertoire und ... entdeckt für sich eine neue Leidenschaft, den Tango Argentino. "Dieser Tanz war schwierig für mich, ich wollte ihn mit dem Kopf tanzen, das geht beim Tango nicht". Während ihrer akuten Krankheitsphase setzt sie das Training aus. Es fällt ihr schwer, es fehlt ihr. Noch während der Chemotherapie bittet sie ihren Tanzpartner "Ich muss mal raus, gehst du mit mir irgendwo hin, wo wir tanzen können"? Sie ist noch schwach, kann die Arme nicht – wie beim Tango üblich – um seinen Hals legen. Sie lehnt sich an seinen Bauch, er führt sie sanft und achtsam mit seinem Körper. Endlich. Sie lässt los. Gibt sich dem Tanz, der Musik, der Führung ihres Tanzpartners hin. "Es war der schönste Tanz meines Lebens", erinnert sie sich. "Endlich hatte ich erfahren, was es bedeutet, Tango zu tanzen".

Sie, die weder eine Tagebuchschreiberin war noch mit Schreiben viel am Hut hatte, fängt an zu schreiben. Ein Krebs-Tagebuch zunächst. Aufschreiben, was sie in der Chemotherapie durchleidet. Sich im zweiten und dritten Zyklus daran erinnern wie es beim ersten war. Nachlesen, was ihr beim ersten Mal geholfen hat. Was normal ist. Dabei soll ihr das Schreiben helfen. Erst allmählich reift in ihr die Idee, ein Buch für andere Betroffene herauszugeben. Eine Mischung aus Tagebuch, Briefen, Gedichten und Erklärungen der Fachausdrücke. Sie möchte es anderen zugänglich machen, ihr selbst hat so ein Buch gefehlt. In der Reha, nach dem 5. Zyklus Chemotherapie, liest sie ihren Mitpatienten aus ihren Aufzeichnungen vor. Die meisten Zuhörer weinen, einige konnten kaum noch atmen. "Kann ich das haben?", fragt einer. Er kann, sie kopiert die entsprechende Stelle. "Ich habe eine Botschaft", sagt sie. Das Buch ist inzwischen verlegt und auch als Hörbuch erschienen. 6 Jahre nach der Diagnose schreibt sie an einem zweiten. "Ich möchte denen Mut machen, die mit so einer Erkrankung am Anfang stehen. Es lohnt sich, das alles durchzustehen, aber man braucht einen Sinn, einen Motor, der einen durch das ganze Übel trägt". Und sie ist überzeugt, dass jeder so einen Motor hat und ihn finden kann. "Etwas, das man von innen heraus gern tut, was Kraft gibt und Sinn stiftet". Mit ihrer Krebserkrankung ist sie im Reinen. „"ch habe meinen Frieden damit geschlossen", sagt sie. "Den Krebs kann man nicht bekämpfen, das kostet zu viel Kraft. Er gehört zu meinem Leben, ich habe das akzeptiert".

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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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