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© Mechthild Thöne

Mein Krankheitsweg ist auch mein Heilungsweg - oder Ich lebe HEUTE - heute LEBE ich

Mechthild Thöne in IMPULSE 1/2008

"Nein, nicht schon wieder!" Ich bin entsetzt! Zum zweiten Mal taste ich einen Knoten in meiner Brust. Wie gut, das sich damals - Ende 1994 - nicht ahnte, dass noch 11 weitere Operationen folgen sollten!

Die Diagnose, dieses Mal schon deutlicher: Cystosarkoma phylloides - ein wenig bekannter Tumor. Meist wächst er schnell und hat die Tendenz, sich immer neu zu bilden. Er war zunächst nicht bösartig. In 5 Jahren wurde ich 4 x operiert. Ich traf die Entscheidung, falls zum 5. Mal eine OP notwendig werden sollte, lasse ich mir die Brustdrüse entfernen. Es kam so weit! 1997, ein schwerer Eingriff für mein Körpergefühl! Ein Brustaufbau mittels Silikonprothese tat meiner Seele gut, die ja genug zu verkraften hatte.

Nun wollte ich einen Schlussstrich unter einen schwierigen Lebensabschnitt ziehen. Ich hatte mich immer wiedergefragt, wie die Botschaft, die mein Körper mir durch die Erkrankung sagen wollte, wohl lautet. Ich war Antworten auf die Spur gekommen, hatte Zusammenhänge in meinem Leben erkannt.

Mit Gebet, Segnung und manchmal auch Salbung durch mir nahestehende Menschen bereitete ich mich jeweils auf die Krankenhauszeiten vor. Ich machte die erstaunliche Erfahrung, dass ich jedes Mal einen starken inneren Frieden verspürte, mich vor der OP in den "Schlaf" loslassen konnte und nachher in diesem Frieden erwachte. Es waren Engel an meinem Bett, da war ich mir ziemlich sicher. Aber auch die Menschen, die kamen, meine Fragen und Schmerzen aushielten und nicht mit klugen Antworten oder billigem Trost aufwarteten, waren ein Riesen-Geschenk für mich! Und ich staunte immer wieder darüber, dass ich es zumeist mit sehr kompetenten, freundlichen, zugewandten Ärztinnen und Ärzten zu tun hatte, dass Krankenschwestern mir durch viele Hilfestellungen sehr freundlich meinen Krankenhaus-Alltag erträglich machten. All diesen Menschen bin ich von Herzen dankbar!

Allerdings - der Schlussstrich war zu früh gezogen. Der Tumor kam wieder - und wieder. Ich begann, meinen Körper abzulehnen, es war ja scheinbar kein Verlass auf ihn. Warum blieb ich nicht gesund, obwohl ich doch so vieles "aufgearbeitet" hatte?! 2001 wurde erstmals ein entfernter Tumor als "bösartig" diagnostiziert. In diesem Jahr wurde ich 3x operiert.
Die Ruhe, die Behandlungen und Gespräche taten mir sehr gut. Langsam begann ich, mich meinem Körper wieder freundlich zuzuwenden. Dabei unterstützt wurde ich durch eine Weiterbildung zur Ganzheitlichen Seelsorgerin und Lebensberaterin, die ich in dieser Zeit begann: "Wege heilsamer Erfahrung". Ich lernte, auf die Weisheit meines Körpers zu hören, - der ja übrigens auch in vielen Bereichen gesund ist - seine Schönheit zu sehen und besser auf ihn zu achten. Das war ein wichtiger Baustein meines neuen "Lebens-Konzeptes". Was tut mir gut, wie unterstütze ich meine Lebenskräfte? Meine Ernährung stellte ich konsequenter als zuvor um. In der Naturheilkunde fand ich einige stärkende Präparate und Anwendungen, die mir zusagten. Meine Seele drückte sich im Tanzen, Malen, im Singen und im stillen Zwiegespräch mit Gott aus. Mein Lebensgefühl verbesserte sich deutlich.

Ein schwerer, aber seit langem notwendiger Schritt war, aus meinem Arbeitsumfeld auszusteigen. Dort hatte es über Jahre immer wieder Konflikte, auch Mobbing gegeben. Mitte 2004 wurde ich in den "frühzeitigen Ruhestand" versetzt.

Heute frage ich nicht zuerst, wie lange ich noch lebe oder warum ich immer wieder krank wurde, sondern eher, wie ich heute gut leben kann, zufrieden. Ich fühle mich in meiner Haut wohl - trotz der vielen Vernarbungen, Beschädigungen. Mein Mann gibt mir das Gefühl, für ihn schön, attraktiv zu sein.

Ganz wichtig ist für mich, mit Gott durch die Zeit zu gehen und mein Erleben mit ihm zu teilen. Mich in seiner Liebe aufgehoben zu wissen, gibt mir Mut, über die Gebrochenheit und Endlichkeit meines Lebens nachzudenken und vermittelt mir Halt - und eine tiefe Dankbarkeit, die zu meiner Grundstimmung geworden ist.

Und meine Krankheit? Es gab noch 3 weitere Operationen! "Alles darf sein" dieser Satz aus meiner Weiterbildung, bezogen auf meine Gefühle, half mir sehr, "alles" zu leben, was sich meldete, nichts zu verdrängen. So entwickelte ich erstaunliche Seelenkräfte, nie mehr schwand der Boden unter meinen Füßen völlig. Anschließend durfte ich wieder zur Reha, erlebte sensible, kompetente Menschen - eine Wohltat waren Tanz- und Bibliotherapie! 15 Monate nach der letzten Bestrahlung tastete ich erneut einen Tumor! Meine Enttäuschung war riesig! Wenigstens auf einige krankenhausfreie Jahre hatte ich gehofft! "Nun werde ich wohl doch an dieser Krankheit sterben" - auch dieser Gedanke meldete sich. Er durfte.

Ich lebe heute - heute lebe ich! ... mehr oder weniger intensiv, mit den Menschen, die mir nahe stehen, die ich liebe und die mich lieben. Einige Träume verwirkliche ich in meinen Tanzworkshops (Ausdruckstanz, heilsamer Tanz), die ich seit Jahren in meiner Kirche anbiete. Ich begleite meine pflegebedürftige Mutter und hoffe, dass sie vor mir sterben darf. Ich genieße die Zeiten mit meinem einjährigen Enkelkind! Immer wieder begleite ich Menschen in Lebenskrisen, -fragen; gemeinsam erleben wir Entwicklung, Schritte ins Leben, Gottes heilende Gegenwart.

Manchmal werde ich von Pflegeschulen eingeladen, von mir zu erzählen. Dabei versuche ich, ein ganzheitliches Krankheitsverständnis zu vermitteln, das nach den Herausforderungen fragt und nach dem, was weiter bringt und gut tut und nicht bei den Warum-Fragen stehen bleibt. Viele Menschen müssen erst lernen, freundlich mit sich, ihrem Körper, ihrer Seele umzugehen.

Heute fühle ich mich heiler als früher, als ich noch "gesund" war. Ich lebe gern! Das hat sich wirklich verändert. Ich lebe mit meiner bedrohlichen Erkrankung - geborgen in dem Zuspruch von Jesus Christus: "Ich lebe, und ihr sollt auch leben."

Mechthild Thöne, Reutlingen
 

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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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