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© Hanns-Jörg Fiebrandt

Ich tue nichts gegen meine Krankheit, ich tue etwas für meine Gesundheit

Hanns-Jörg Fiebrandt in Impulse 3/2007

Wozu braucht man eine Prostata? Was ist Prostatakrebs? Wozu eine Vorsorgeuntersuchung? Alles Fragen, die ich bis zum 56. Lebensjahr nur notdürftig beantworten konnte. Es war anno 2001. Ich dachte bei mir: Da soll es so eine Vorsorgeuntersuchung geben für ältere Herren. Bin ich denn schon ein älterer Herr? Eigentlich noch ganz fit – aber hingehen kann man ja mal. Der PSA-Wert lag bei ca. 16!

PSA steht für prostataspezifisches Antigen und ein erhöhter Wert weist auf eine verdächtige Entzündung der Prostata hin, die bösartig sein kann. Der Wert 4 gilt als Schwellenwert. Mein Wert sei verdächtig, meinte der Hausarzt und überwies mich zu einem Urologen. Der machte eine Biopsie. Ohne Betäubung. War (na ja!) auch auszuhalten. Das Ergebnis teilte mir sein Stellvertreter mit, ein „Frischling“, der sonst in einer bekannten Klinik arbeitet. „Herr Fiebrandt, Sie haben Prostatakrebs! So schnell wie möglich operieren! Ich kann Ihnen für Montag (es war Donnerstag) ein Bett in der Klinik besorgen.“„Warum hat es der Kerl so eilig?“ dachte ich. Das erste zu Hause: PC an! Suchwörter: Prostatakrebs, Prostata usw. Es gab eine Unmenge an Informationen! Ich druckte wie ein Wilder drauflos.

Danach fiel mir ein Erlebnis ein, das ich mit ca. 14 Jahren hatte. Der Hausarzt sagte damals zu mir: „Junge, deine Mandeln müssen raus!“ Zu Hause angekommen, erzählte ich es meinem Vater. Der hatte in München einen befreundeten Heilpraktiker. „Wir fahren morgen zum Feigel und fragen den!“ sagte er.

Nachdem dann der Heilpraktiker Feigel mich untersucht hatte, sagte er zu meinem Vater: „Wenn das mein Sohn wäre, würden die Mandeln drin bleiben!“ Darauf mein Vater: „Dann bleiben sie drin!“ Und sie sind heute noch drin, nach über 45 Jahren. So etwas prägt.

Ich geriet bei meinem Suchen – wie es kommen musste – an den BPS, den Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe. Ich erfuhr, dass es noch eine ganze Reihe von weiteren Therapien gibt. Ich sammelte Informationen, wo ich nur konnte. Bis zum nächsten Urologentermin nahm ich mir Zeit. Ich wollte vorbereitet sein. Dann wurde ich „frech“: Ich arbeitete einen eigenen Behandlungsplan aus. Den schob ich meinem Urologen listig über den Tisch. Er sagte eine Weile gar nichts und dann: „Wenn Sie das unbedingt so wollen – können wir (er sagte WIR!) es ja mal eine Weile versuchen, aber Sie müssen damit leben, dass ich hierzu des Öfteren eine andere Meinung haben werde!“

Damit hatte ich nicht gerechnet! Dieser Urologe stieg sofort in meiner Achtung! Mann – dachte ich – hier werden auch Patientenmeinungen geachtet! Ab dem Jahre 2001 sahen wir uns regelmäßig jedes Quartal. Ich schrieb artig meine PSA-Werte auf. Zwischendurch gab es immer eine Ultraschalluntersuchung. Der PSA stieg langsam und regelmäßig an. Ich druckte mir den Verlauf in einer Kurve aus. Zwischendurch fiel er mal wieder um fast die Hälfte runter. Keiner weiß warum. Heute liege ich bei 24,6 – und ich gerate darüber keinesfalls in Panik. Im Gegenteil. Ich fühle mich sehr wohl! Ich habe keinerlei Beschwerden, keine Blasenstörungen und keine Potenzeinschränkungen, was ich von sehr vielen anderen Betroffenen, die eine klassische Therapie hinter sich haben, nicht sagen kann. Mein Urologe sagt heute: „Herr Fiebrandt, ich staune, wie stabil Ihr Zustand ist!“ oder: „Sie sind ein richtiges Phänomen!“ Nach neuesten Erkenntnissen ist nicht die momentane Höhe entscheidend – sondern der Verlauf dieser Kurve. Und diese muss man erst einmal erstellen. Daher ist es unverantwortlich, aber leider immer noch üblich, den Schock der Patienten zu nutzen, um sie schnellstens in die klassische Therapiekaskade zu drängen! Operation – Bestrahlung – Hormontherapie – Chemo – Pflegestufe IV und schlimmer.

Immer wieder werde ich gefragt: „Was machst Du denn eigentlich gegen Deine Krankheit?“ Darauf antworte ich: „Ich tue etwas für meine Gesundheit.“ Ich bin bis heute bei meinem Plan mit sinnvoller Ernährung und Vitaminen geblieben. Bewegung, Laufen mit Pulsuhr. Ein ausgeglichenes Seelenleben – das sind meine drei Säulen der Gesundheit. Wichtig ist: sich zu nichts zwingen. Das gute Verhältnis zwischen gesunder Lebensführung und Lebensfreude muss gewahrt sein. Auch die GfBK half mir mit ihren zahlreichen Informationen und Vorträgen auf meinem Weg der sog. sanften, biologisch sinnvollen Maßnahmen, die ich bis heute verfolge und so lange wie möglich beibehalten möchte. Ich habe meinen persönlichen, auf mich zugeschnittenen Weg gefunden. Diese Erfahrungen sind aber nicht einfach auf andere übertragbar, jeder Mensch ist anders. Aber eines gilt für jeden: Man muss von seiner Therapieentscheidung überzeugt sein! Wenn diese Voraussetzung entfällt, kann man es gleich bleiben lassen. Seit 2005 bin ich Vorsitzender der SHG Prostatakrebs Berlin- Brandenburg. Über 400 Betroffene suchten in den letzten Jahren bei uns Rat und nahmen oft zutiefst dankbar die Hilfe von erfahrenen („Prostis“) in Anspruch, die über eigene Krankheitserfahrungen, notgedrungen angeeignetes spezielles medizinisches Wissen und das erforderliche Feingefühl und Einfühlungsvermögen verfügen.

Hanns-Jörg Fiebrandt Vorsitzender der Selbsthilfegruppe Prostatakrebs, Berlin-Brandenburg

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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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