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© Achim Zinggrebe (Foto: © www.mariaschinz.com)

Dankbarkeit im Angesicht einer Krebserkrankung

Achim Zinggrebe in momentum 04/2024

Dankbarkeit ist vermutlich nichts, was man rund um eine Krebsdiagnose und die nachfolgende Therapie leicht empfinden oder entfachen kann. Zumindest bei mir war es so. Doch irgendwann nach meiner Diagnose erkannte ich, dass es nicht unbedingt darum geht, für die gegenwärtige Situation dankbar zu sein, sondern sich eine bessere Zukunft zu visualisieren. Also dankbar zu sein für eine Zukunft, die besser werden darf, die ich mir selbst erlaube und im nächsten Schritt dann, so Gott will, auch tatsächlich erleben werde.

Indem ich auf diese Weise Dankbarkeit auf die Zukunft gerichtet habe, wurde ich auch immer achtsamer für den gegenwärtigen Moment und konnte Dankbarkeit empfinden für so viele kleine Dinge, die früher unbemerkt an mir vorübergegangen sind: für jeden liebevollen Blick einer Pflegekraft oder eines ärztlichen Mitarbeiters, für jeden Tipp, für jedes freundliche Gesicht, für ein bisschen Sonne auf meiner Haut und ein paar Momente ohne schwere Gedanken. Daraus entstand eine vollkommen neue Sicht auf mein ganzes Leben, und ich erkannte: Ich bin so viel mehr als nur der Krebs, mehr als diese Diagnose und die angebliche Prognose, mehr als nur ein Körper.

Ich bin selbst Arzt und hatte – arrogant, wie ich war – vor meiner Diagnose für alles, was außerhalb der Schulmedizin liegt, nur ein mildes Lächeln übrig. Inzwischen weiß ich: Geist und Seele spielen eine bedeutende Rolle im Genesungsprozess. Es gilt Körper, Geist und Seele gleichermaßen zu stärken. Und Dankbarkeit ist dafür ein elementares Werkzeug.

Doch wie kommt man zu einem Gefühl der Dankbarkeit? Eine leichte Übung, die mir sehr geholfen hat, ist das Atmen durch mein Herz. Wie geht das? Nun, zunächst musst du dein Herz erst einmal  wiederfinden. Schließe dazu deine Augen, atme ruhig ein und aus und erinnere dich an einen besonders schönen Moment in deinem Leben. Versetze dich noch einmal in diesen besonderen Moment hinein, erlebe ihn erneut in so vielen Details wie möglich. Irgendwann merkst du vielleicht, wie es dir warm wird ums Herz. Bingo! Das ist genau das Gefühl, das wir suchen. Dieses Gefühl kannst du kultivieren, indem du dich immer wieder an diesen besonderen Moment zurückerinnerst. Du wirst im Lauf der Tage feststellen, dass es dir zunehmend leichter fällt, dieses Gefühl zu erzeugen. Mit etwas Übung kannst du es  immer dann zu deiner Unterstützung herbeirufen, wenn du es dringend benötigst, und genauso, wenn du deine Zukunft visualisierst. Wir können den Einfluss von Liebe und Dankbarkeit für den Heilungsprozess nicht hoch genug einschätzen. Das zu erkennen, war mein Schlüsselerlebnis. Es hat mich zu dem Menschen werden lassen, der ich heute bin und der ich immer schon hätte sein können,  wenn ich früher besser auf mich geachtet hätte. Ich musste sehr große Herausforderungen erleben, um endlich genügend Motivation zu haben, grundlegende Dinge infrage zu stellen. Ich wünsche dir, dass du den Mut zum eigenen Weg früher findest als ich.

Wenn du Unterstützung benötigst, schreib mir oder nutze mein Buch oder meinen Kurs, die ich für Patienten und Angehörige entwickelt habe. Ich gehe darin im Detail auf alles ein, was ich aus ärztlicher und
Patientensicht für diese herausfordernde Zeit gelernt habe, und zeige Wege zu einem wirklich besonderen Leben auf. Von Herzen alles Gute!

 

Zur Person
Dr. med. Achim Zinggrebe war nach seiner Zeit in der Klinik für viele Jahre an der Entwicklung und Erforschung von onkologischen Medikamenten beteiligt. Um seine Gesundheit hat er sich wenig gekümmert und war von der eigenen Krebsdiagnose sehr überrascht. Plötzlich passiver Patient zu sein kam für ihn nicht infrage. Und so hat er ergänzend zum schulmedizinischen Fundament seinen persönlichen  ganzheitlichen Ansatz entwickelt, den er nun auch mit Betroffenen teilt.

 

Dankbarkeit - ein großes Wort...

Dieser Text war im Original in unserer Mitgliederzeitschrift „momentum - gesund leben bei Krebs” (Ausgabe 04/2024). Diese Einleitung zu dem obigen Text schrieb für die in dieser Ausgabe vorgestellten vier Patient:innen, Julia Malcherek.

...„danke" kommt alltäglicher, handlicher daher. Eine Suche im Internet macht auf einen Blick klar: Von der buddhistischen Praxis bis zum christlichen Bischof, von der Karrierebibel bis zu einer großen Krankenkasse reicht die Spannweite der Instanzen, die der Algorithmus für relevant hält. Aus meinem eigenen Erleben halte ich fest: Dankbarkeit ist eine Empfindung, ich freue mich über etwas und stelle fest, dass es nicht selbstverständlich ist. Meine Freude und auch meine Überraschung machen mich auf etwas Positives aufmerksam, ich richte meine Aufmerksamkeit aus und … bin dankbar? Nein, so einfach ist es nicht. Es gibt nicht nur das Positive, es gibt viel Leid, viel Negatives in der Welt, vielleicht auch in meinem Leben. Erst einmal muss ich es aushalten, dass beides da ist: das Gute, über das ich mich freue, das mich aufleben lässt, das Negative, das mir Angst macht oder mich bedroht. Wohin richte ich meine Aufmerksamkeit?

Gerade Patient:innen, die von Krebs betroffen sind, machen diese spannungsreiche, widersprüchliche Erfahrung: Sie erleben eine manchmal zutiefst bedrohliche Situation, dennoch entdecken sie Momente und Gelegenheiten, dankbar zu sein, und oft sind sie dafür dankbar, die Dankbarkeit neu zu entdecken. Offensichtlich wird dieser Empfindung sogar von Menschen, die am eigenen Leib erfahren haben, dass ihr Leben bedroht ist, eine heilsame Wirkung zugesprochen.

Können wir dann nicht einfach auf unserer Suche nach Gesundheit uns selbst Dankbarkeit verordnen und das Dankbarsein trainieren? Ja und nein. Das Wichtigste: Die Dankbarkeit ist eine ehrliche Empfindung, auch wenn sie sich mit Angst, Wut und Sorgen abwechselt oder mischt. Die ehrliche Dankbarkeit, die sich manchmal auch klein und unscheinbar anfühlt, können wir pflegen, man kann sie einüben, und dabei kann man Disziplin gelegentlich gut gebrauchen. Doch bei allem Bemühen: Dankbarkeit lässt sich nicht erzwingen, wir haben keine Garantie auf diese Empfindung, dass sie sich einstellt und uns beglückt.

Aufmerksam sein, hinschauen, wenn sie aufblitzt, ohne die Tiefen auszublenden. Davon berichten die vier Betroffenen, die hier ihre Erlebnisse mit der Dankbarkeit teilen: wie die Dankbarkeit zu ihnen gekommen ist und was sie tun, um sie zu pflegen. Wir möchten uns – wie für die ausführlichen Berichte, die Sie sonst an dieser Stelle lesen – bei allen für diese sehr persönlichen Einblicke von Herzen bedanken. Sie zeigen uns, wie Dankbarkeit mit Widrigkeiten zurechtkommt, wem sie dankbar sind und wie ehrliches „Danke“-Sagen den Alltag verändert.

Information zu unseren Betroffenenberichten

Wir freuen uns, wenn Patient:innen ihren individuellen und persönlichen Genesungsweg finden. Das ist ein Ausdruck des großen Heilungspotenzials in jedem Menschen. Gerne teilen wir diese Erfahrungen mit unseren Leser:innen, auch wenn persönliche Entscheidungen nicht immer auf andere Betroffene übertragbar sind. Sie entsprechen auch nicht in jeder Hinsicht einer konkreten Empfehlung der GfBK für Patient:innen in ähnlicher Situation.
Wägen Sie sorgfältig ab, welche Impulse aus den Patient:innenberichten für Sie in Ihrer aktuellen Lage passend sind. Besprechen Sie diagnostische oder therapeutische Maßnahmen im Zweifel gerne mit unserem ärztlichen Beratungsdienst.

Möchten Sie auch anderen Patient:innen mit Ihrem Bericht Mut machen?
Dann mailen Sie uns unbedingt Ihre Geschichte.
Senden Sie diese an Julia Malcherek: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. Vor der Veröffentlichung nehmen wir Kontakt mit Ihnen auf.

©iStock, 1210358928, nortonrsx
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