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Gentest und dann?

24. November 2011

Meine Mutter ist an Brustkrebs gestorben. Dass ich eventuell eine erbliche Vorbelastung habe, ist mir bewusst. Ich versuche daher möglichst gesund zu leben. Durch die Presseberichte über die Amputation von Angelina Jolie bin ich aufgeschreckt. Was meinen Sie: Soll ich auch einen Gentest machen? Und ist es wirklich notwendig, sich beide Brüste abnehmen zu lassen, falls er positiv ausfällt?

Für viele Frauen ist die Brustamputation (Brustentfernung) ein einschneidender Eingriff, der im Einzelfall gut überlegt sein will. Angelina Jolie hatte laut Presseberichten ein 87-prozentiges Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, durch die Amputation sank es auf fünf Prozent. Solche Zahlen betreffen allerdings nur Frauen, bei denen eine Mutation in einer der beiden Brustkrebsgene BRCA1 oder BRCA2 nachgewiesen wurde. Dies ist bei 5 bis maximal 10% aller Brustkrebsfälle der Fall.

Die Entscheidung für oder gegen eine solchen Eingriff ist neben den vorliegenden Statistiken immer auch von der persönlichen Lebenssituation und der eigenen Biographie abhängig. So ist es aus Ihrer Sicht verständlich, dass Sie Ihr persönliches Risiko für eine Krebserkrankung so gering wie möglich halten wollen, da sie den Tod ihrer eigenen Mutter durch Brustkrebs miterlebt haben.

Bei Frauen mit Brustkrebs wird vor allem dann an eine erbliche Tumorneigung gedacht, wenn mehrere Familienmitglieder von Brust- und/oder Eierstockkrebs betroffen sind, ein besonders junges Erkrankungsalter vorliegt oder Frauen beidseitig erkranken. Belegt das Ergebnis des Gentests, dass die untersuchte Person eines der beiden BRCA-Gene in veränderter Form in sich trägt, bedeutet dies ein deutlich erhöhtes Risiko, an Brust- und/oder Eierstockkrebs zu erkranken. Mit verändertem BRCA1-Gen erkranken durchschnittlich zwischen 60 und 80 von 100 Personen an Brustkrebs, mit verändertem BRCA2-Gen erkranken zwischen 45 und 80 von 100 Personen an Brustkrebs. Weitere umfangreiche Informationen erhalten Sie auch auf: https://www.brca-netzwerk.de/

Inwieweit wissenschaftlich gesicherte statistische Wahrscheinlichkeiten auf die einzelne ratsuchende Frau übertragbar sind, hängt jedoch von vielen Faktoren ab. Auch die Wissenschaft ist in ständigem Wandel und einer Weiterentwicklung. Mit Sicherheit sind Faktoren, die zu Krankheiten führen wie auch die, die Heilprozesse unterstützen, weitaus komplexer als die Wissenschaft für den betroffenen Menschen in seiner körperlich, seelisch und geistigen Einheit abzubilden vermag. Unklar ist auch, inwieweit Ängste die Entstehung und Entwicklung von Krankheitsprozessen beeinflussen oder verstärken können. Insofern scheint es uns wichtig, dass Menschen bei genetischen Beratungen selbstbestimmt und individuell entscheiden, angefangen auch mit der Tatsache, dass sie ohne Druck entscheiden dürfen, ob sie eine solche Beratung in Anspruch nehmen wollen oder nicht.

Wir möchten Ihnen empfehlen, sich zu Ihrem möglichen Risiko und den daraus ergebenen Konsequenzen von einer humangenetischen Beratungsstelle beraten zu lassen. Auch viele Brustzentren bieten diese Beratungen an. Ansprechpartner in Brustzentren sind die sogenannten Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Dort werden die Vor- und Nachteile des Gentests erläutert, und es wird Ihnen auch eine ausreichende Bedenkzeit gegeben, damit Sie sich informiert für oder gegen einen Test entscheiden können.

Ob der Weg von Angelina Jolie der Richtige für Sie ist, können nur Sie selbst entscheiden. Wenn Sie durch eine Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 ein stark erhöhtes Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken, kann die Brustentfernung eine Möglichkeit sein. Eine weitere Option ist an intensiven Früherkennungsprogrammen teilzunehmen. Auch hier ist eine persönliche Abwägung wichtig, ob die psychischen Belastungen einer halbjährlichen Früherkennungsuntersuchung leichter zu ertragen sind als die seelischen und körperlichen Belastungen einer vorsorglichen Brustentfernung. Die prophylaktische Brustentfernung senkt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Brustkrebs deutlich, jedoch scheinen im Langzeitverlauf beide Verfahren die Sterblichkeit gleichermaßen zu senken, so dass sie im Endeffekt als gleichwertig angesehen werden können (Quelle: www.krebsgesellschaft.de). Überlegen Sie daher in Ruhe und nehmen Sie bei Bedarf auch eine psychologische Begleitung wahr, um diesen sensiblen Schritt zu unterstützen.

Beachten Sie bitte auch, dass erbliche Dispositionen kein Schicksal besiegeln. Gene können vereinfacht gesprochen an- und abgeschaltet werden. Unser Lebensstil, unsere psychische Balance und andere Aspekte haben Einfluss auf das Auftreten von Erkrankungen. Krebs ist ein multifaktorielles Geschehen, d. h. es gibt zahlreiche Einflussfaktoren, die wir positiv gestalten können. Studien belegen beispielsweise, dass regelmäßige Bewegung das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, um 50 Prozent senkt. Außerdem belegen die Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie die Wechselwirkungen zwischen Seele und Abwehrsystem. Bei Frauen mit erblicher Veranlagung für Brust- und Eierstockkrebs gibt es bisher jedoch keine Studien, die untersucht haben, ob durch eine Lebensstiländerung im Sinne von mehr körperlicher Aktivität und Umstellung auf gesunde Ernährung das Auftreten der Krebserkrankung vermindert oder gar verhindert werden kann. Diese Lücke schließen will man mit der sogenannten LIBRE-Studie.


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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