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Vitamine in der Kritik

21. Oktober 2015

Immer wieder finden sich in der Presse Meldungen, in denen vor der Einnahme von Vitaminen gewarnt wird. Die Empfehlung der Autoren dieser Studie, dass Krebspatienten antioxidative Nahrungsergänzungen besser ganz meiden sollten, schürt jedoch nur Angst und hilft dem Einzelnen nicht weiter, zumal die Thematik viel komplexer ist, als in einem einzelnen Tierversuch dargestellt werden kann.

So ist für die GfBK entscheidend, dass die Ergebnisse aus Studien am Menschen zeigen, dass durch die Einnahme von Multivitaminpräparaten die Wirksamkeit von schulmedizinischen Therapien nicht beeinträchtigt wird (zum Beispiel Gröber U/Breastcare 2009, Kwan ML et al./Breast Cancer Res Treat 2011 und Wassertheil - Smoller S et al./Breast Cancer Res Treat 2013). Dies liegt sehr wahrscheinlich daran, dass der überwiegende Anteil der heute üblichen Chemotherapeutika seine Wirkung nicht primär über oxidativen Stress erzielt (Mutschler E/Arzneimittelwirkung en 2008, S. 907 ff.) und dass der Stoff wechsel der Tumorzelle mitentscheidet, wie ein Vitamin wirkt (Sagar SM/Focus on Alternative and Complementary Therapies 2004). Letzteres würde auch erklären, warum man beobachten kann, dass hoch dosiertes Vitamin C Krebszellen unschädlich macht, während gesunde Zellen unbehelligt bleiben (Chen Q/PNAS 2005).

Außerdem sind einige Dinge bei der Verabreichung von Antioxidantien bzw. Vitaminen zu beachten: So kann man aus anderen Studien, wie zum Beispiel der SELECT-Studie (siehe Punkt 4), ableiten, dass es einen Unterschied macht, ob ein Mensch einen Mangel an antioxidativen Substanzen, wie zum Beispiel Selen, aufweist oder nicht. In diesem Zusammenhang halten wir es unbedingt für empfehlenswert, Vitamingaben bedarfsorientiert anzuwenden und in der Langzeittherapie, Selen zum Beispiel unter Kontrolle des Selenblutspiegels zuzuführen, um einen optimalen Status zu erreichen. Dies gilt übrigens auch für Vitamin D, Zink und evt. auch Vitamin B12.

Ein wesentlicher Kritikpunkt an diesem Experiment ist neben der fraglichen Übertragbarkeit auf den Menschen übrigens auch das verwendete Antioxidans, das bei der Mehrzahl der Patienten so gar nicht eingesetzt wird. NAC ist als schleimlösendes Mittel bekannt, das bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt wird.

Hier haben wir einige weitere gut recherchierte Informationen zum Thema Vitamine und Krebs aus unserer Internetseite für Sie zusammengestellt.

Ihre Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V., Heidelberg

  1. Vitamine gefährlich bei Krebs?
  2. Vitamine und Krebs?
  3. Erhöhen Vitamine die Sterblichkeit?
  4. SELECT-Studie –Bedenken zur Empfehlung von Vit. E und Selen ungerechtfertigt
  5. Vitamin C im Nature Artikel in der Kritik
  6. Vitamin C hochdosiert wirkt antitumoral: Neue Studienergebnisse
  7. Vitamine während Bestrahlung
  8. Dosierung von Vitamine

   1. Vitamine gefährlich bei Krebs?
Mit der Überschrift »Antioxidantien fördern resistente Tumore« titelte Die Welt am 9. Januar 2013. Sie fasste damit die Ausführungen des Nobelpreisträgers von 1962, James Watson, in der Fachzeitschrift Open Biology zusammen. Laut Watson wirken die meisten Chemotherapien über die Bildung von reaktiven Sauerstoffverbindungen, weshalb er den Einsatz von Vitaminen und speziell von Vitamin C als gefährlich betrachtet. Wie stehen Sie dazu?

Die Gabe von Vitaminen während einer Chemotherapie wird immer noch kontrovers diskutiert, da die Wirkungsweise von Zytostatika zum Teil auf der Bildung von freien Radikalen beruht. Antioxidantien fangen freie Radikale ab, machen diese unschädlich und stehen daher im Verdacht, die Wirkung einer Chemotherapie zu beeinträchtigen. Diese theoretischen Bedenken sind berechtigt und nachvollziehbar. In der Praxis bewahrheiten sie sich aber nicht, wie Studien an Patienten zeigen. Im Gegenteil: Es gibt Hinweise darauf, dass die Einnahme von ausgewählten Mikronährstoffen die schulmedizinische Behandlung unterstützen kann, insbesondere weil dadurch weniger Patienten ihre Chemotherapie abbrechen (müssen). In Studien an Patienten konnte keine Beeinträchtigung der Wirksamkeit von schulmedizinischen Therapien durch die Gabe von Vitaminen nachgewiesen werden (Gröber U/Breastcare 2009). Dies liegt sehr wahrscheinlich daran, dass der überwiegende Anteil der heute üblichen Chemotherapeutika seine Wirkung nicht primär über oxidativen Stress erzielt (Mutschler E/Arzneimittelwirkungen 2008, S. 907 ff.) und dass der Stoff wechsel der Tumorzelle mitentscheidet, wie ein Vitamin wirkt (Sagar SM/Focus on Alternative and Complementary Therapies 2004). Letzteres würde auch erklären, warum man beobachten kann, dass hoch dosiertes Vitamin C Krebszellen unschädlich macht, während gesunde Zellen unbehelligt bleiben (Chen Q/PNAS 2005). Außerdem gibt es inzwischen eine Vielzahl an Studien, die belegen, dass hohe Dosen von Vitamin C die Tumormasse schrumpfen lassen und auch das Risiko für Metastasen reduzieren. Leider geht Watson nicht auf den genauen Inhalt der von ihm zitierten Untersuchungen ein, in denen gezeigt wurde, dass parenterales (also über die Vene verabreichtes) Vitamin C den Effekt des Zytostatikums Arsentrioxid verstärkt: Vitamin C wirkte an der Tumorzelle nämlich auch hier prooxidativ und führte den natürlichen Tod der Tumorzelle herbei. Diese differenzierte Wirkung – antioxidativ im gesunden Gewebe und prooxidativ gegenüber vielen Tumorzellen – begründet möglicherweise das therapeutische Potenzial einer Vitamin-C-Hochdosis-Therapie. Watson meint, dass Antioxidantien (also Vitamine) für die Therapieresistenz fortgeschrittener Tumore verantwortlich seien. Er postuliert, dass Antioxidantien wie BetaCarotin, Vitamin A, C, E und Selen nicht vor Krebs schützen, sondern ihn eventuell sogar fördern. Diese These stützt Watson auf zwei Argumente, die man durchaus kritisch hinterfragen darf: Erstens nennt er einen Einzelfall, und zwar Linus Pauling, der täglich oral bis zu 12 g Vitamin C einnahm und im Alter von 93 Jahren an Prostatakrebs gestorben ist. Welches Schicksal diesen Mann ereilt hätte, wenn er das Vitamin nicht zu sich genommen hätte, steht in den Sternen. So funktioniert seriöse Wissenschaft natürlich nicht. Sein zweites Argument ist eine wackelige Meta-Analyse (Bjelakovic G/JAMA 2007). In ihr wurden 68 randomisierte, klinische Studien mit Nahrungsergänzungsmitteln, die Antioxidantien enthielten, untersucht. Diese Analyse wurde von vielen Wissenschaftlern aufgrund ihres in wichtigen Teilen nicht nachvollziehbaren Studiendesigns kritisiert. Selbst wenn wir die methodischen Mängel beiseitelassen und nur auf die Ergebnisse schauen, zeigt sich dort ein Anstieg des Sterberisikos ausschließlich bei fettlöslichen Antioxidantien. Wenn man sie überdosiert, können sie sich im Organismus anreichern, sodass Vergiftungserscheinungen durchaus denkbar sind. Wasserlösliche Antioxidantien wie Vitamin C akkumulieren nicht. Was zu viel ist, wird ausgeschieden. In dieser Hinsicht sind sie toxikologisch unbedenklich – was auch in dieser Meta-Analyse erneut bestätigt wurde. Sehr häufig leiden Krebspatienten, insbesondere bei fortgeschrittenen Tumoren, nachweislich an einem Vitamin-C-Mangel. Er korreliert mit einer verminderten Lebensqualität und schlechterer Überlebensprognose (Mayland CR/Pall Med 2005). Vitamin-C-Infusionen wirken im gesunden Gewebe antioxidativ. Sie verbessern viele Beschwerden und erhöhen die Lebensqualität bei Krebs (Yeom C/J Korean Med Sci 2007; Vollbracht C/In vivo 2011). In einer aktuellen Studie konnte sogar gezeigt werden, dass Vitamin C die Stimmung deutlich aufhellt (Wang Y/Am J Clin Nutr 2013). Unserer Erfahrung nach wird in den Medien und leider auch oft von Experten über Vitamine allzu schnell geurteilt, ohne wirklich die wissenschaftlichen Hintergründe zu beleuchten. Wenn Vitamine die Chemotherapie beeinträchtigen würden, dürften Patienten auch keine gesunden Lebensmittel wie Obst und Gemüse verzehren bzw. grünen Tee und frische Säfte trinken. Dies wird selbst von Hardlinern der Schulmediziner nicht empfohlen. Die pauschale Ablehnung von Vitaminen während einer Chemotherapie ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt, die Argumente sind widersprüchlich, teilweise unlogisch und mitunter an den Haaren herbeigezogen. Unsere Empfehlung: Um die Nebenwirkungen zu reduzieren und das Abwehrsystem zu stärken, halten wir die Gabe von Vitaminen und Spurenelementen während einer Chemotherapie für sinnvoll und unbedenklich. Unterstützen Sie den therapeutischen Einsatz der Vitalstoffe durch eine vitalstoffreiche Ernährung, bevorzugt mit Vollkorngetreide und -produkten (nicht zu grob!), Rohkost (in kleinen Mengen), Biogemüse, naturbelassene pflanzliche Öle und Fette (insbesondere Olivenöl und Leinöl). Wichtig ist auch, dass die Gabe von Vitaminen und Spurenelementen auf den Bedarf des Einzelnen individuell abgestimmt wird. Fragen Sie daher Ihren behandelnden Arzt nach entsprechenden Blutanalysen.

   2. Vitamine und Krebs
Eine Auswertung der sogenannten Physicians' Health Study II an 14.700 US-Ärzten kommt zu dem Schluss, dass vor allem Männer mit einer zusätzlichen Vitamingabe ihr Krebsrisiko minimal um 8 Prozent senken können (Gaziano JM/JAMA 2012). Außerdem scheinen besonders Männer, die älter als 70 Jahre sind, von einer Vitamineinnahme zu profitieren. Dabei war der Schutzeffekt bei den Männern besonders deutlich, die bereits zu Studienbeginn an Krebs erkrankt waren. Hier konnte das Risiko, erneut an Krebs zu erkranken, sogar um 27 Prozent gesenkt werden.

Es gibt inzwischen viele Studien zur Krebsprävention mit Vitaminen, die jedoch in ihren Ergebnissen widersprüchlich sind. Forscher weisen darauf hin, dass dies daran liegen könnte, dass in diesen heterogenen Studien unterschiedliche Dosierungen in unterschiedlich langen Zeiträumen verwendet wurden und es so zu keinen einheitlichen Ergebnissen kam. Außerdem wird der Lebensstil nicht immer ausreichend berücksichtigt; das heißt, ob sich die Studienteilnehmer z.B. gesund ernähren oder regelmäßig Sport treiben. Inzwischen ist auch bekannt, dass Menschen vor allem dann von einer zusätzlichen Vitamingabe profitieren, wenn ein Mangel an Vitaminen oder Spurenelementen vorliegt. So gibt zum Beispiel eine aktuelle Untersuchung erneut Hinweise, dass Selen doch vor Prost atakrebs schützen kann und dass dieser Effekt vom gemessenen Selenspiegel abhängt (Hurst R/Am J Clin Nutr 2012). Daher raten wir gesunden und kranken Menschen, bestimmte Blutspiegel (z.B. die von Selen, Vitamin B12 und Vitamin D) vor einer Gabe untersuchen zu lassen.

   3. Erhöhen Vitamine die Sterblichkeit?
Aus einer Fernsehsendung habe ich entnommen, dass Beta-Karotin und Vitamin E eine erhöhte Sterblichkeit verursachen sollen. Kann ich die Nahrungsergänzungsmittel nun bedenkenlos weiter einnehmen? Meine Ernährung habe ich seit meiner Prostata-Operation wegen Prostatakrebs ebenfalls umgestellt. Ich esse mehr Obst und Gemüse in denen allerdings auch die oben genannten Vitamine auftreten. Muss ich mich hier auch umstellen?

Vitamin E und Beta-Karotin (wasserlösliches Vitamin A) werden sehr häufig von Krebspatienten in Form von Nahrungsergänzungsmittel zusätzlich eingenommen, mit dem Ziel, den Heilungsprozess fördern und die Nebenwirkungen aggressiver Behandlungen zu mindern. Insbesondere die Anwendung von Vitamin E und Beta-Karotin wurde in jüngster Zeit in der Öffentlichkeit eher negativ (erhöhtes Sterberisiko, erhöhtes Lungenkrebsrisiko) dargestellt. Bevor man daraus allerdings falsche Schlussfolgerungen zieht, sollte man sich die Studienergebnisse, auf denen diese Pressemeldungen beruhen, genauer anschauen. So hat Prof. Miller von der John Hopkins Universität 2004 eine sogenannte Metaanalyse zur gesundheitlichen Wirkung von Vitamin E veröffentlicht. Dabei hat er 19 Studien untersucht, in denen Patienten mit unterschiedlich starken chronischen Erkrankungen und in unterschiedlichen Altersgruppen in verschiedenen Dosierungen 16-20.000 I.E. synthetisches Alpha-Tocopherol (nicht natürliches Vitamin E) pro Tag erhalten haben. Aus dieser heterogenen Personengruppe hat er dann abgeleitet, dass tägliche Vitamin-E-Dosierungen von mehr als 150 I.E. pro Tag (in den Studien wurde allerdings nie das natürliche Vitamin E sondern immer nur das synthetische Alpha-Tocopherol eingesetzt) das allgemeine Sterberisiko bei den Patienten erhöhe. Interessanterweise wurde das allgemeine Sterberisiko in der untersuchten Studie mit der höchsten Vitamin-E-Gabe von 2.000 I.E. tatsächlich aber verringert. Diese Metaanalyse von Prof. Miller ist von internationalen Fachleuten heftig kritisiert worden. Zu aller Überraschung schreibt Prof. Miller am Ende seiner Veröffentlichung selbst: "Die untersuchten Studien mit hoher Vitamin-E-Zufuhr wurden an kleinen Patientengruppen mit verschiedensten chronischen Erkrankungen durchgeführt, daher ist die Übertragbarkeit unserer Ergebnisse auf gesunde Menschen unsicher."
Bezüglich der Gabe von Beta-Karotin sollte in zwei großen Studien (ATBC-Studie und CARET-Studie) ein möglicherweise schützender Effekt von Beta-Karotin unter anderem vor Lungenkrebs bei Rauchern untersucht werden. Es zeigte sich bei der Auswertung der Studie bei den Teilnehmern, die weiterhin mehr als 20 Zigaretten pro Tag rauchten und gleichzeitig Betakarotin einnahmen, ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Bei den Teilnehmern jedoch, die weniger als 20 Zigaretten rauchten, zeigte sich ein leicht erniedrigtes und bei den Teilnehmern, die aufhörten zu rauchen, sogar ein deutlich erniedrigtes Risiko. Beta-Karotin erhöht also nur bei den starken Raucher (mehr als 20 Zigaretten) das Lungenkrebsrisiko, senkt es aber bei allen anderen! Experten nehmen an, dass dabei nicht das Beta-Karotin, sondern deren Oxidationsprodukte zu einem erhöhten Lungenkrebsrisiko bei noch aktiven Rauchern führen könnten. So gibt es wiederum andere Studien, die zeigen konnten, dass eine kombinierte Gabe von Beta-Karotin mit anderen „Antioxidantien" wie Vitamin E und Vitamin C durchaus positive Effekte haben kann. Weiterer Kritikpunkt: An beiden Studien nahmen nur Personen teil, die bereits bei Studienbeginn sehr lange stark geraucht hatten, Personen also, bei denen möglicherweise bei Studienbeginn schon Lungenkrebs induziert war. Wenn Beta-Karotin in den frühen Phasen der Krebsentstehung, nicht aber in der späten Wachstumsphase wirkt, kann bei dieser Personengruppe kein schützender Effekt erwartet werden.
Unser Fazit lautet daher: Es gibt sowohl Studien, die positive als auch negative Effekte von Vitaminen zeigen. Diese oben genannten Beispiele verdeutlichen aber, dass man sich das Design der Studien, deren Ergebnisse und auch die verwendeten Präparate genauer anschauen muss, um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können. Grundsätzlich sind pflanzliche Vitamine synthetischen Vitaminen vorzuziehen. Unterstützt werden sollte dies zusätzlich durch eine vitalstoffreiche Ernährung bevorzugt mit Vollkorngetreide und -produkte (nicht zu grob!); Rohkost (in kleinen Mengen); Biogemüse; naturbelassene pflanzliche Öle und Fette (insbesondere Olivenöl und Leinöl).
Interessant gerade auch für an Prostatakrebs Erkrankte ist die Tatsache, dass Männer, die häufig Ketchup, Tomatenmark oder Tomatensaft verzehren, weniger häufig an Prostatakrebs erkranken. Diese Beobachtung wird auf das in Tomaten enthaltene stark antioxidativ wirksame Lycopin zurückgeführt. Lycopin wird durch vorheriges Erhitzen der Tomaten wohl besser für den Körper verfügbar gemacht, daher ist die bessere vorbeugende Wirkung von z.B. Tomatensaft im Gegensatz zu „rohen Tomaten" zu erklären. In Laborversuchen konnte Gelbwurz (=Kurkumin) bei Prostatakrebs die Umwandlung von hormonabhängigen zu hormonunabhängigen Zellen verzögern und den spontanen Zelltod beider Zellarten herbeiführen. Das Rezept für einen Gelbwurz-Tomaten-Drink erhalten Sie bei der GfBK. Umgekehrt konnte in anderen epidemiologischen Studien gezeigt werden, dass ein Mangel an Selen und Vitamin D vermehrt zu Prostatakrebs führt. Bei bereits an Prostatakrebs Erkrankten haben aktuelle Studien zudem einen positiven Effekt von Granatapfelextrakt und Leinsamen zeigen können.

   4. SELECT-Studie - Bedenken zur Empfehlung von Vit. E und Selen ungerechtfertigt
Ende Oktober 2008 wurde die SELECT-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial) unter großem Medienecho abgebrochen, eine groß angelegte Studie, mit der untersucht werden sollte, ob durch Gabe von Vitamin E und Selen die Häufigkeit von Prostatakrebs verringert werden kann. Der Grund für den vorzeitigen Abbruch: Eine im September 2008 vorgenommene Zwischenauswertung von SELECT ergab, dass weder Selen noch Vitamin E, noch beide Substanzen kombiniert das Risiko auf ein Prostatakarzinom signifikant senken. Außerdem zeigten sich zwei Trends: Im Studienarm mit der alleinigen Vitamin E - Gabe kam es zu einem leichten Anstieg der Erkrankungen am Prostatakrebs und im Studienarm mit der alleinigen Selen - Gabe stieg die Zahl der Diabeteserkrankungen. Aufgrund dessen gab das US-National Cancer Institute (NCI) vor kurzem bekannt, dass die SELECT-Studie vorzeitig beendet wird. An SELECT hatten an mehr als 400 Orten in den USA, Puerto Rico und Kanada rund 35.000 Männer im Alter ab 50 Jahren teilgenommen. Sie waren auf vier Studienarme randomisiert worden, in denen sie mit 400 mg Vitamin E oder 200 μg Selen oder beiden Präparaten oder mit Placebo behandelt wurden.

Die häufig zu lesende Schlussfolgerung, dass der Abbruch der SELECT-Studie quasi die Bedenklichkeit von Antioxidantien belege, kann so nicht nachvollzogen werden, da die gemessenen Effekte gering und statistisch nicht signifikant waren. So gibt selbst das NCI zu, dass beide Trends durchaus Zufallsergebnisse gewesen sein könnten.
Darüber hinaus ist es sehr fraglich, inwieweit eine standardisierte Zufuhr Sinn macht, ohne dass man diese dem wirklichen Versorgungszustand anpasst. Gerade beim Selen besteht die Gefahr einer Überdosierung, weshalb viele Therapeuten eine vorherige Bestimmung des Selenspiegels im Vollblut empfehlen. Diese Problematik zeigt sich auch in der Publikation der Zwischenergebnisse: Während bei uns in Deutschland Serum-Selenwerte von etwa 60 - 80 Mikrogramm pro Liter gemessen werden, lagen die Probanden bei Selenwerten von 135 Mikrogramm, also etwa 170 Mikrogramm bei Messung im Vollblut - weit über dem deutschen Referenzbereich von 100 - 140 Mikrogramm! Diese Probanden hatten ganz sicher keinen Selenmangel! Durch die Gabe von grundsätzlich 200 Mikrogramm Selenomethionin wurden sie aber sogar bis auf 250 Mikrogramm angehoben! Außerdem geben Experten zu Bedenken, dass die falsche Molekülform von Vitamin E sowie von Selen gegeben und es versäumt wurde, eine ausreichende Versorgung mit Vitamin C sicherzustellen, um das Vitamin E zu regenerieren.
Insofern sollte der Abbruch der SELECT-Studie nicht dazu führen, die Supplementation mit Antioxidantien bei Krebspatienten oder Gesunden verallgemeinernd in Frage zu stellen. Vielmehr ist es erforderlich, dass jeder eine auf ihn abgestimmte individuelle Antioxidantiengabe erhält und dass natürlich auch eine gesunde Ernährung dazu beiträgt, Defizite auszugleichen.

   5. Vitamin C im Nature Artikel in der Kritik
Ich selbst habe Krebs und bin durch die Berichterstattung über Vitamin C in der Welt Online verunsichert. Dort stand, dass Vitamin C angeblich das Tumorwachstum fördern könne. Sie empfehlen in Ihren Veröffentlichungen ausdrücklich die Anwendung des Vitamin C. Was ist von dem Bericht zu halten?

Schon am 19. August 2009 erschien unter der Rubrik „Letters" in der Zeitschrift Nature der ein Beitrag von Schafer und Kollegen. Die Veröffentlichung führte noch am selben Tag zu einer sehr negativen Berichterstattung in Welt-online mit dem Titel „Die dunkle Seite des Vitamin C". Diese Berichterstattung ist zugleich ein Beispiel dafür, dass in der Laienpresse bereits im Titel falsche Hinweise gegeben werden, da in der Studie von Schafer Vitamin C (eines der wichtigsten Antioxidantien des Körpers) überhaupt nicht vorkommt!
Schafer und Kollegen untersuchten im Reagenzglas unter anderem die Wirkung von Antioxidantien (N-Acetylcystein NAC und Trolox) auf die ersten Schritte der Tumorentwicklung von Brustkrebszellen. Und zwar wurde in dieser Versuchsanordnung u.a. der Einfluss auf Faktoren, die den natürlichen Zelltod beeinflussen, untersucht. Dabei wurde lediglich beobachtet, dass in Epithelzellen, die keinen Kontakt zu ihrem Ursprungsgewebe mehr haben, die Gabe von Antioxidantien wie N-Acetylcystein und Trolox die ATP-Bildung durch Oxidation von Fettsäuren erhöhen. (ATP ist die Abkürzung für Adenosintriphosphat, einem Molekül, welches in der Zelle für die grundlegenden energieverbrauchenden Prozesse aller Lebewesen eine entscheidende Rolle spielt.) Welche Relevanz diese Forschungsergebnisse für den Menschen haben, kann mit dieser Reagenzglasuntersuchung überhaupt nicht beurteilt werden. Denkbar wäre auch, dass die ATP-Bildung zu einem beschleunigten Zelltod führt, da Oxidationsprodukte die Zellen schädigen können. Die hier verwendeten Antioxidantien sind jedoch überhaupt nicht vergleichbar mit den Antioxidantien (z.B. Vitamin C, Vitamin E und Selen), die der Mensch mit der Nahrung direkt oder durch sogenannte Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Vitamintabletten) aufnimmt. Insofern wurden hier völlig falsche Schlussfolgerungen gezogen, die allzu leichtfertig in der Laienpresse verbreitet wurden. Wir empfehlen weiterhin Krebspatienten in konkreten Belastungssituationen die individuell angepasste Gabe von Vitaminen und Spurenelementen. Im Zweifelsfall berät Sie sehr gern der ärztliche Beratungsdienst unserer Gesellschaft.

   6. Vitamin C hochdosiert wirkt antitumoral: Neue Studienergebnisse
Eine im Jahr 2005 veröffentlichte Studie bestätigt die bisherigen positiven Erfahrungen zur hoch dosierten Vitamin-C-Gabe bei Krebspatienten. So zeigte sich in dieser Laborstudie (Chen / PNAS 102, 2005), dass bei Konzentrationen von über 4 mmol/l Vitamin C die meisten Zellen von zehn unterschiedlichen Krebszelllinien abstarben. Diese Konzentrationen sollen im menschlichen Organismus erreicht werden, wenn etwa 8 bis 10 Gramm Vitamin C als Infusion verabreicht werden. Die Forscher beobachteten außerdem, dass normale Zellen selbst bei fünffach höheren Konzentrationen nicht beeinträchtigt wurden. Ein möglicher Wirkungsmechanismus könnte sein, dass sich unter Vitamin-C-Einfluss in Krebszellen vermehrt zellschädigendes Wasserstoffperoxyd bildete.

Bereits vor etwa 30 Jahren haben erste klinische Studien ergeben, dass Krebspatienten von intravenös verabreichtem Vitamin C profitieren können. Eine kurmäßige hoch dosierte Verabreichung von Vitamin C als Infusion hat sich insbesondere zur Stärkung des Allgemeinbefindens und zur Tumorabwehr bewährt. In der Nachsorge und bei Metastasen wird hoch dosiertes Vitamin C insbesondere bei stark geschwächten Patienten wöchentlich über zunächst 8 - 10 Infusionen eingesetzt. Während Chemotherapie sollte jedoch darauf geachtet werden, 2 Tage Abstand zur Chemotherapie einzuhalten, um eventuelle Beeinflussungen zwischen Chemotherapie und Vitamin-C-Infusionen auszuschließen.

   7. Vitamine während Bestrahlung
In einem Artikel einer Zeitschrift für Krebskranke habe ich gelesen, dass ein renommierter Ernährungsexperte, Herr Prof. Dr. Biesalski zwar grundsätzlich bei Tumorleiden die Anwendung von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen befürwortet, von der Einnahme von Vitaminen und Spurenelementen unter Chemo- und Strahlentherapie aber abrät. Gefährde ich den Erfolg meiner Strahlentherapie, wenn ich zusätzlich bei der Behandlung Vitamine einnehme?

Prof. Biesalski empfiehlt in seiner Aussage völlig zu Recht die Einnahme von Antioxidantien (d.h. Vitaminen und Spurenelementen) bei operativen Eingriffen und mit deutlichen Einschränkungen auch bei belastenden Therapien (wie z. B. Strahlentherapie oder Chemotherapie). Auf die Frage nach dem nötigen zeitlichen Abstand antwortet Biesalski allerdings etwas verwirrend: "Patienten dürfen die Ernährung bis unmittelbar vor der Behandlung mit antioxidativen Vitaminen ergänzen. Nach Abschluss einer Bestrahlung darf man sofort wieder beginnen, nach einer Chemotherapie muss man drei Tage warten." Durch Untersuchungen ist bekannt, dass der Bedarf an Antioxidantien während belastender Therapien ansteigt. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass durch Schädigungen der Darmschleimhaut essentielle Nährstoffe nur ungenügend aufgenommen werden können. In Studien an Patienten konnte eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit von schulmedizinischen Therapien durch Gabe von Antioxidantien jedoch nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Die Gabe von Vitaminen und Spurenelementen reduziert die Nebenwirkungen belastender Therapien, wie z. B. der Schleimhäute. Es gibt sogar Studien, die zeigen, dass z. B. durch die Gabe von Selen gesunde Zellen vor Strahlung geschützt, Tumorzellen hingegen strahlensensibler werden. Insofern können wir der Empfehlung nicht folgen, unter laufender Therapie keine Antioxidanzien einzunehmen. Vorsicht gegeben ist lediglich bei der Einnahme von hochdosierten Gaben von Vitamin B12 (ab 100μg pro Tag) während laufender Chemotherapie, da Vitamin B12 an Zellteilungsprozessen beteiligt ist und dadurch sich schnell teilende Zellen, wie z.B. Blutzellen oder Krebszellen unterstützen kann. In den hier in Deutschland erhältlichen Nahrungsergänzungspräparaten ist Vitamin B12 aber meist nur in niedrigen Dosierungen enthalten. Weitere Ausnahmen: Hochdosierte Vitamin-C-Infusionen sollten erst wieder etwa 48 Stunden nach Chemotherapie gegeben werden. Selen jedoch kann unproblematisch unmittelbar vor der Chemotherapie auch hochdosiert als Infusion verabreicht werden, um die Verträglichkeit einer Chemotherapie zu verbessern und Belastungen zu minimieren. Orale Vitaminkombinationen können jedoch unbedenklich während einer Chemo-oder Strahlentherapie eingenommen werden. Unterstützt werden sollte dies durch eine vitalstoffreiche Ernährung bevorzugt mit Vollkorngetreide und -produkte (nicht zu grob!); Rohkost (in kleinen Mengen); Biogemüse; naturbelassene pflanzliche Öle und Fette (insbesondere Olivenöl und Leinöl).

   8. Dosierung von Vitaminen
Als Krebspatient mit lebhaftem Interesse an der orthomolekularen Therapie (Mineralstoffe, Vitamine u.ä.) stellt sich mir immer wieder die Frage hinsichtlich der Dosierung von Vitaminen: Ist möglichst hoch dosiert wirklich so enorm wichtig?

Weltweit gibt es keine gültigen Richtlinien, was die Dosierung von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln betrifft. Inzwischen gibt es jedoch vermehrt Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass ein entscheidender Gesichtspunkt bei der Einnahme von Vitaminen die ausreichend hohe Dosierung sein könnte, da einige Vitamine nur in höheren Dosierungsbereichen auch eine eindeutige zellabtötende Wirkung hervorrufen. Im Einzelfall muss es jedoch nicht immer sinnvoll sein, besonders hoch zu dosieren, da alle Vitamine verstoffwechselt werden müssen und besonders die fettlöslichen Vitamine, wie z.B. Vitamin A und E die Leber belasten und dort gespeichert werden können. Besonders in der Nachsorge kann es manchmal ratsamer sein, mittlere Dosierungen im Intervallprinzip einzunehmen (3x/Woche), um die Ansprechbarkeit des Organismus zu erhalten und einer Überforderung der Stoffwechselorgane vorzubeugen. Außerdem ist es von enormer Wichtigkeit Vitamine in natürlicher Form einzunehmen, da diese für den Organismus optimaler verfügbar sind. Übrigens kann Vitamin C über den Mund aufgenommen nur mit ca. 500 mg verstoffwechselt werden; das bedeutet alles darüber hinaus wird über die Nieren wieder ausgeschieden. Hier sollte man insbesondere darauf achten, die Tagesdosis in mehrere Portionen aufzuteilen (s.a. GfBK-Info Vitamine).
Nicht jeder Krebspatient ist übrigens an Vitaminen unterversorgt. Hier sollte immer die konkrete Erkrankungssituation und der körperliche Zustand mitbedacht werden. Außerdem stellt die Gabe von Vitaminen bei Patienten ohne Krankheitsrückfall immer eine Nahrungsergänzung dar; das heißt im Vordergrund steht eine gesunde vitalstoffreiche Ernährung, die durch die Gabe von Vitaminen ergänzt werden kann.


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©iStock, 1210358928, nortonrsx
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